Es fällt ihm nicht leicht, aber Frank Luntz ist nicht nur Republikaner, er ist auch Politberater und Meinungsforscher. Als solcher stellt er aufgrund seiner Daten fest: Hillary Clinton hat die Nase vorn.
Falls nicht noch etwas Einschneidendes passiert in den letzten beiden Wochen, gewinnt sie.
Eine Aussage, die auf der rechten Seite nicht gerne gehört wird. Die Reaktionen sind heftig. Auch Donald Trump greift an. Alle Umfragen, die ihn nicht in Führung sehen, sind seiner Meinung nach falsch und frei erfunden.
Dazu stellt Luntz fest: «Die Meinungsforscher irrten sich in der Vergangenheit ab und zu, bei der Brexit-Abstimmung zum Beispiel. Aber kein ehrlicher Demoskop kann bei dieser Präsidentschaftswahl derart daneben liegen.» Luntz hält es für möglich, dass noch ein bis zwei Prozentpunkte Trump-Wähler dazukommen, die sich in den Umfragen nicht als solche zu erkennen geben: «Aber das reicht nicht. Und die meisten äussern sich ja lautstark.»
Infos und Hintergründe
Trump liegt in den meisten Umfragen sechs oder mehr Prozentpunkte hinter Hillary Clinton zurück. Nur einmal konnte ein Kandidat einen solchen Rückstand noch aufholen: Ronald Reagan im Jahr 1980. Er gewann damals das Rennen, weil zwei Wochen vor der Wahl noch eine Fernsehdebatte stattfand. Das ist 2016 nicht der Fall.
Ansehen auf beiden Seiten im Keller
Luntz schüttelt Zahlen und Daten nur so aus dem Ärmel. Seit 25 Jahren ist er im Geschäft, hat George W. Bush, Ross Perot, Newt Gingrich und Silvio Berlusconi beraten. Er arbeitet vor allem mit Fokusgruppen: Wählerinnen und Wähler werden befragt und mit Aussagen konfrontiert.
Dadurch hat Luntz herausgefunden, dass «Klimawandel» harmloser klingt als «globale Erwärmung», dass «Steuererleichterung» besser ankommt als «Steuersenkung». Und dass Hillary Clinton und Donald Trump bei den Wählern ein rekordtiefes Ansehen geniessen – egal, was sie sagen.
Die Leute trauen Clinton nicht und sie lieben Trump nicht. Deshalb sind sie derart verärgert.
Und dennoch habe es lange nach einem knappen Rennen ausgesehen, gibt der Meinungsforscher zu bedenken. Als Wendepunkt sieht er interessanterweise nicht die Videoaufnahme, in der sich Trump vulgär über Frauen äussert: «Dieses Video war eine peinliche Sache. Aber die erste Fernsehdebatte haben viel mehr Leute gesehen. Ein erster Direktvergleich der beiden Kandidaten. Clinton wirkte für die meisten wie eine Präsidentin. Damals hat sich das Blatt gewendet. Trumps Abstand wurde zu gross.»
Trump selber gibt zwar inzwischen zu, dass er leicht im Rückstand liegt. Er fordert seine Anhänger auf, erst recht für ihn zu stimmen. Aber er sagt nach wie vor nicht, ob er eine allfällige Wahlniederlage akzeptieren wird. Das kommt laut Meinungsforscher Luntz bis weit ins republikanische Lager hinein schlecht an.
«Die Leute wollen nicht mehr eine Situation wie 2000, als nicht klar war, ob Al Gore oder George W. Bush gewonnen hat. Sie wollen die Wahl endlich hinter sich bringen und nie mehr eine solche erleben wie die jetzige», sagte Luntz. Man hat fast das Gefühl, dem Politberater gehe es ähnlich.