«Beziehungskrise», «Bruch» oder gar «Bürgerkrieg»? Die US-Medien übertreffen sich gegenseitig, wenn sie über die zerrüttete Beziehung zwischen Donald Trump und der Republikanischen Partei, die «Grand Old Party», berichten.
Historische Wahlschlappe?
Auch Mark Hemingway braucht deutliche Worte: Trumps neuere Umfragewerte seien apokalyptisch, sagt der Journalist des konservativen «Weekly Standard». «Und die Republikaner, die ins Parlament, in den US-Kongress, gewählt werden wollen, steuern ebenfalls auf eine historische Wahlschlappe hin.»
Das löst Hektik und Nervosität aus. Und Panik. Vor allem bei jenen Republikanern, die schon immer gegen Trump waren, sich seit dem Sommer aber irgendwie mit seiner Kandidatur arrangiert haben. Und bei jenen, die im November gewählt oder wiedergewählt werden wollen und jetzt fürchten müssen, mit Trump unterzugehen.
Viele lassen Trump fallen
Dabei sei es für die Republikaner eine Zeitlang erstaunlich gut gelaufen, erinnert Mark Hemingway. Vor allem im September sei Hillary Clinton in einer Krise gesteckt: «Gesundheitsprobleme, Wikileaks-Enthüllungen, ihr E-Mail-Skandal. Da haben viele Republikaner an einen Sieg geglaubt.»
Doch das Video, in dem sich Donald Trump vulgär über Frauen äussert, und auch die weiteren Skandale, die nun publik werden, haben alles geändert: «Viele Parteimitglieder haben die Nase voll», so der Journalist.
Seit letztem Wochenende hat rund ein Viertel der republikanischen Senatoren, Abgeordneten und Gouverneure Donald Trump die Unterstützung entzogen. Kongresskandidaten versuchen ihre eigene Haut zu retten, so gut das in der verbleibenden Zeit noch geht.
Prinzip «verbrannte Erde»
Und Trump? Der schlägt um sich. Er attackiert seine Kritiker, die Partei und die Medien – Prinzip «verbrannte Erde». Er hofft, dass er so seine eigene Basis noch stärker mobilisieren und Hillary Clinton ganz alleine schlagen kann.
Hemingway hält nicht viel von dieser Strategie: Etwa 35 Prozent der Amerikaner würden Trump wählen, egal, was auch passiere. Einige seien Hardcore-Trump-Fans, andere fänden, Clinton sei noch viel schlimmer. «Aber diese Gruppe ist nicht gross genug für einen Wahlsieg.»
Um Clinton zu schlagen, muss Trump weitere Wählergruppen für sich gewinnen – vor allem Frauen und unentschiedene Wähler. Doch das mache der republikanische Kandidat nicht. «Mit seinem Verhalten verliert er sogar Wähler. Es reicht nicht, zu sagen, Clinton sei fürchterlich. Ich teile diese Ansicht zwar voll und ganz. Aber das allein reicht einfach nicht», so Hemingway.
Trump hat die Partei gekapert
Er habe deshalb den Eindruck, das Rennen um die US-Präsidentschaft sei gelaufen. «Es war ein wildes Jahr. Und wer weiss, was alles noch geschieht. Dass uns am Schluss bloss die Wahl zwischen Clinton und Trump bleibt, ist haarsträubend und ein Armutszeugnis für unsere Demokratie.»
Hemingway sagt, Trump habe die Partei Lincolns und Reagans gekapert. Die konservativen Werte stünden auf dem Spiel. Doch die Parteileitung habe nie ernsthafte Schritte unternommen, um Trump zu verhindern. Jetzt sei es zu spät. Der Journalist hat seine Wahlentscheidung bereits getroffen: Er gibt seine Stimme keinem der beiden Kandidaten. So könne er abends wenigstens ruhig schlafen.