Venezuela ist neu Mitglied im UNO-Menschenrechtsrat. Das Land wird unter anderem von der UNO-Kommissarin für Menschenrechte harsch kritisiert. Costa Rica wollte die Wahl Venezuelas in letzter Sekunde verhindern – ist aber bei diesem Unterfangen gescheitert. Ein deprimierendes Signal, sagt Fredy Gsteiger.
SRF News: Warum ist die Aktion gescheitert?
Fredy Gsteiger: Salopp könnte man sagen, weil es auf der Welt schlicht mehr autokratische oder nur teilweise demokratische als demokratische Staaten gibt. Früher demokratische Staaten wurden zu halb-demokratischen Staaten, Russland zum Beispiel. Und halb-demokratische Staaten wurden zu autokratischen Staaten. Diese Staaten haben nun offenbar sehr geschlossen für den Unrechtsstaat Venezuela gestimmt.
Sie haben ein Interesse daran, dass der Rat geschwächt wird und möchten auch selber künftig in dieses Gremium gewählt werden. Sie wollen nicht riskieren, dass Kampfkandidaturen wie jene von Costa Rica Schule machen. Man kann davon ausgehen, dass Europäer, Nordamerika und Australien geschlossen für Costa Rica gestimmt haben. Arabische Staaten, zentralasiatische Staaten, China und Russland haben geschlossen für Venezuela gestimmt. Den Ausschlag gaben die afrikanischen Staaten, von denen sich viele für Venezuela entschieden haben.
Warum hat sich Costa Rica überhaupt in diese Kampfwahl gestürzt?
Um ein überfälliges, dringliches Zeichen zu setzen: Länder, die die Bedingungen für den Menschenrechtsrat nicht erfüllen, sollen künftig nicht mehr gewählt werden. Es gibt im Unterschied zur UNO-Mitgliedschaft solche Bedingungen für den Menschenrechtsrat: Länder müssen mit UNO-Menschenrechtsorganisationen kooperieren und Menschenrechte schützen und fördern.
Die UNO-Generalversammlung hatte keine Wahl. Dieses Prinzip wollte Costa Rica brechen.
Im Fall von Venezuela passiert das ganz offensichtlich nicht. Es wurden bereits Staaten wie Saudi-Arabien, Ägypten, Kuba oder China mit dieser üblen Praxis gewählt: Man stellt genauso viele Kandidaturen auf, wie Sitze zu besetzen sind. Die UNO-Generalversammlung hatte keine Wahl. Dieses Prinzip wollte Costa Rica brechen und ist leider damit gescheitert.
Wie ist die Wahl von Venezuela im Hinblick auf künftige Kandidaturen für den UNO-Menschenrechtsrat einzuordnen?
Es ist ein äusserst deprimierendes Signal. Es sieht offenbar so aus, als würde es weiterhin gute Chancen für problematische Staaten geben, gewählt zu werden. Es dürfte sogar eine moralische Stärkung der Autokratien bedeuten.
Insgesamt 14 Sitze wurden neu besetzt. Gab es noch weitere Überraschungen?
Nicht sehr grosse Überraschungen, aber auch eher negative. Zwar wurden Länder wie Deutschland, die Niederlande, Indonesien oder Japan mit einer guten Stimmenzahl gewählt, aber neben Venezuela eben auch ein Land wie Libyen, das auch nicht in den Menschenrechtsrat hineingehört. Man darf sich keine Illusionen machen: Es können nicht nur Musterschüler gewählt werden, sonst könnte man die 47 Sitze nicht besetzen. Aber Costa Ricas Kampfkandidatur sollte verhindern, dass einer der übelsten Verletzer von Menschenrechten gewählt wird. Nachdem das nicht gelungen ist, ist das ein schlechtes Zeichen für den ohnehin angeschlagenen UNO-Menschenrechtsrat und die Menschenrechtspolitik überhaupt.
Das Gespräch führte Beat Soltermann.