Der Vorwurf: Offenbar finden an der griechisch-türkischen Grenze systematisch illegale Rückweisungen von Flüchtlingen – sogenannte Pushbacks – statt. Dabei werden die Personen zurückgeführt, bevor sie eine Chance haben, Asyl zu beantragen. Hilfsorganisationen beziehen sich auf Augenzeugenberichte. Die Flüchtlinge schildern, man habe sie festgenommen und zu abgelegenen Orten gebracht. Manche berichten von Schlägen und Misshandlungen. Sie seien zum Grenzfluss Evros gebracht und gezwungen worden, in ein Boot zu steigen, um zurück in die Türkei zu gelangen.
Kein neues Phänomen: Auch in der Vergangenheit hörte man immer wieder von Pushbacks. Nun scheint es, dass diese wieder vermehrt passieren. Der aktuelle Bericht des griechischen Komitees für Menschenrechte, der Organisation Arsis und Human Rights Watch – basiert auf den Schilderungen von 39 Betroffenen. Genaue Zahlen kann aber niemand nennen, so Journalistin Rodothea Seralidou: Pushbacks kommen nur ans Licht, wenn sich die betroffenen Personen an Hilfsorganisationen oder Rechtsanwälte wenden. Die Organisationen gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.
Die Täter – oft in Uniform: Man geht von parastaatlichen Gruppierungen aus, die in der Gegend aktiv sind und Hand in Hand mit den örtlichen Grenzschutzpolizisten arbeiten. Die Augenzeugen berichten von Männern, die oft vermummt sind und Polizei- oder Militäruniformen tragen. Aber es ist auch von Uniformen die Rede, die weder Polizei noch Militär zuzuordnen seien.
Griechische Seite bestreitet Pushbacks: Wird die örtliche Polizei mit diesen Beschreibungen konfrontiert, will niemand etwas von den Pushbacks gewusst haben. Die Hilfsorganisationen kritisieren auch die Haltung des zuständigen Ministers und der Regierung. Entweder werden solche Vorwürfe zurückgewiesen und das Phänomen offiziell als nicht existent bezeichnet, oder es werden bestenfalls Untersuchungen angekündigt, die allerdings bisher immer ins Leere gelaufen sind.
Politischer Wille zur Aufklärung fehlt: Es scheint, die Pushbacks werden geduldet, auch im Rahmen einer Präventions- und Abschottungspolitik an der gesamten EU-Aussengrenze. Die EU müsste ein Zeichen setzen und Druck auf die Regierungen ausüben, die Fälle aufzuklären und involvierte Polizisten zur Rechenschaft zu ziehen. Im Moment weist jedes EU-Land die Verantwortung möglichst von sich. Damit wird das Zeichen gesetzt, dass Flüchtlinge in Europa nicht erwünscht seien. Solange die Länder an der EU-Aussengrenze weiter unter Druck sind, die Grenzen vor Migranten zu schützen, so lange wird es auch weiterhin illegale Pushbacks geben.