Vor dem Berufungsgericht Paris beginnt das Revisionsverfahren in einem Korruptionsprozess gegen den ehemaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Ein Strafgericht hatte Sarkozy im März 2021 wegen versuchter Bestechung schuldig gesprochen und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, davon ein Jahr unbedingt. Sarkozy und die beiden Mitangeklagten haben gegen das Urteil Berufung eingelegt. Nun wird der Fall erneut aufgerollt.
Worum geht es im Prozess? Der ehemalige Präsident Nicolas Sarkozy und sein Anwalt sollen im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren gegen Sarkozy versucht haben, Informationen über die Ermittlungen zu erhalten. Dazu sollen sie einen Staatsanwalt mit dem Versprechen geködert haben, ihm bei der Bewerbung für einen Posten beim Gericht in Monaco zu helfen. Der Handel kam schliesslich nicht zustande, der Beamte erhielt den begehrten Posten nicht. Das Gericht in erster Instanz erachtete den Tatbestand Korruption dennoch als erfüllt. Sarkozy und sein Anwalt hätten mit dem Staatsanwalt einen Korruptionspakt geschlossen. Das Berufungsgericht führt nun den Prozess bis zum 16. Dezember nochmals neu durch.
Worauf stützt sich die Anklage? Grundlage sind eine Reihe von abgehörten Telefongesprächen zwischen dem ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy und seinem Anwalt Thierry Herzog. Dabei soll Sarkozy auch eine SIM-Karte benutzt haben, die auf den Namen Paul Bismuth gekauft worden ist. Daher kommt auch die Bezeichnung «Affäre Bismuth», die in französischen Medien für den Fall benutzt wird. Nach Ansicht von Sarkozy und den Mitangeklagten war die Telefonabhöraktion illegal.
Ist der Prozess ein Rachefeldzug der Justiz, wie Nicolas Sarkozy behauptet? Dies ist Teil der Verteidigungsstrategie, die der ehemalige Präsident nach dem Urteil in erster Instanz am 1. März 2021 noch verstärkt hat. Frankreichs Justiz wurde traditionell von der Politik kontrolliert. Seit den 1990er-Jahren hat sich die Justiz zunehmend emanzipiert und Politiker jeder Couleur ins Visier genommen. Der Prozess in der «Affäre Bismuth» ist in dieser Beziehung eine Premiere: Erstmals steht ein ehemaliger Präsident wegen Korruption vor Gericht. Und erstmals wurde er in erster Instanz dafür zu einer unbedingten Gefängnisstrafe verurteilt. Im Urteil tauchte auch ein politisches Argument auf: Das Gericht wertete die Tat als besonders schwer, weil sie ein ehemaliger Staatspräsident begangen hatte. Er habe seine Pflicht als Vorbild verletzt und dem Ansehen des Staates geschadet.
Muss Nicolas Sarkozy ins Gefängnis, wenn das Urteil im Revisionsprozess bestätigt wird? Sarkozy behauptet, die Anklage sei leer, er sei unschuldig und plädiert auf Freispruch. Die Revisionskammer rollte den Fall nun neu auf. Bestätigt sie das Urteil der ersten Instanz, bleibt dem ehemaligen Präsidenten noch eine weitere Rekursmöglichkeit: Er kann den Fall vor den Kassationshof bringen, das höchste Gericht Frankreichs.