Der «Educational Bookshop» in Ostjerusalem ist eine Institution. Oder war es, denn am Wochenende hat die israelische Polizei den Buchladen gestürmt, Bücher beschlagnahmt, und den bekannten Buchhändler Mahmoud Muna und seinen Neffen Ahmed verhaftet.
Ihre Bücher, auch Kinderbücher, «stören die öffentliche Ordnung», lautete der Vorwurf. Die beiden wurden inzwischen wieder freigelassen. Palästinenser und Palästinenserinnen, die Israels Besatzungspolitik oder den Gaza-Krieg kritisieren, leben gefährlich in Israel und im besetzten Westjordanland.
Studentin wegen Podcasts verhaftet
Unter den ersten Gefangenen, die mit Beginn der Waffenruhe freigelassen wurden, waren auch 13 Studentinnen der Birzeit Universität in Ramallah. Darunter die Journalismusstudentin Amal Shajaya. Im Rahmen ihrer Ausbildung hatte sie zwei Podcasts gemacht: über den Gazastreifen und über die Haftbedingungen palästinensischer Gefangener in israelischen Gefängnissen.
«Kaum war der Podcast publiziert, wurde ich verhaftet. Ich kann jetzt aus eigener Erfahrung reden», sagt die junge Frau, die mit Verwandten zum Interview in ein Einkaufszentrum gekommen ist, drei Wochen nach ihrer Freilassung.
Verhaftung in der Nacht
Amal wurde am 6. Juni verhaftet: mitten in der Nacht, in ihrem Elternhaus. «‹Amal, du bist verhaftet›, sagten sie, legten mich in Handschellen, verbanden meine Augen und zerrten mich in ein Fahrzeug», erzählt sie. Sie sei dann in drei verschiedene Gefängnisse gebracht und von bewaffneten Soldaten und Soldatinnen verhört worden, jeden Tag habe sie sich für die Durchsuchung nackt ausziehen müssen.
Um 2 Uhr nachts polterten sie an die Türe und rissen uns aus dem Schlaf, es war furchterregend. So viele Soldaten, um ein Mädchen zu verhaften.
Schliesslich wurde Amal ins völlig überfüllte Damon-Gefängnis in Haifa gebracht, wo sich im Schnitt sieben Frauen eine kleine Zelle teilen mussten. Sie hätten gelitten unter Hitze, Kälte und Hunger, mangelnder Hygiene, nicht einmal genug Binden hätten die Frauen bekommen.
«Sie schnitten uns von der Aussenwelt komplett ab: siebeneinhalb Monate keine Nachrichten, keine Besuche – wie lebende Tote. Erst am Tag meines Prozesses vor Militärgericht sah ich meine Mutter für ein paar Sekunden auf einem Video aus dem Gerichtssaal.»
Im Krieg sind die Strafen hoch: da reicht ein Wort auf Facebook, und du wirst eingesperrt. Stell dir vor, drei Jahre Gefängnis für einen Podcast!
Das Militärgericht verurteilte die damals 20-Jährige zu 36 Monaten Gefängnis. Am 19. Januar wird Amal Shajaya, zusammen mit 12 Mitstudentinnen, im Rahmen des Waffenruhe-Abkommens freigelassen. Sie sieht aus wie die Gefangenen, die am vergangenen Samstag freigelassen wurden: unterernährt und traumatisiert.
Qadura Fares ist Minister der Palästinensischen Autonomiebehörde für Gefangene. Er beobachtet die Freigelassenen mit Sorge: «Seit Beginn des Krieges stellen wir fest, dass in israelischen Gefängnissen härtere Bedingungen herrschen: die Gefangenen haben ständig Hunger, sie werden erniedrigt oder gar gefoltert. In den letzten 16 Monaten sind 58 palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen umgekommen.»
Bei den Freilassungen immer dabei ist die Gouverneurin von Ramallah, Laila Ghanam. Dass sie die Verhaftung von Studentinnen wie Amal nicht verhindern kann, frustriert sie. «Ich bin zwar Gouverneurin, aber ich kann meine Leute nicht beschützen – ich kann nicht einmal mich selbst beschützen. Denn wir leben unter der Besatzung.»
Wann die bekannten Buchhändler aus Ostjerusalem wieder freikommen, ist ungewiss. Israel kann sie für mindestens drei Monate ohne Anklage in Administrativhaft nehmen, und diese nach Belieben verlängern.