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Verlorene Kommunalwahlen Nordmazedonien: Ministerpräsident Zaev tritt zurück

  • Der Ministerpräsident von Nordmazedonien, Zoran Zaev, ist am Sonntag zurückgetreten. Er trat auch als Vorsitzender der Partei SDSM zurück.
  • Seine Partei hat die zweite Runde der Bürgermeisterwahlen in mehreren Städten des Landes verloren, auch in der Hauptstadt Skopje.
  • Der Vorsitzende der nationalistischen Oppositionspartei VMRO-DPMNE, Hristijan Mickoski, fordert sofortige Neuwahlen.

«Ich übernehme die Verantwortung für diese Entwicklungen. Ich trete vom Amt des Ministerpräsidenten und des Parteivorsitzenden zurück», sagte Zaev an einer Pressekonferenz.

Die Sozialdemokraten führen die Regierungskoalition an. Vorgezogene Neuwahlen seien nicht notwendig. Die Koalition könne sich laut Gesetz auch ohne erneute Wahlen auf einen anderen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten einigen und eine neue Regierung bilden.

Freudenfeier in Skopje, weil Ministerpräsident Zaev zurücktritt
Legende: Unterstützer der Oppositionspartei VMRO-DPMNE freuen sich über den Rücktritt von Ministerpräsident Zoran Zaev. Keystone

Zaev führte die Regierung der ehemaligen jugoslawischen Republik seit 2017. Er hatte das Land auf den Weg zum EU-Beitritt gebracht, indem er dem Zusatz «Nord» im Landesnamen zustimmte. Damit wurde ein jahrzehntelanger Streit mit Griechenland beigelegt, das den Namen «Mazedonien» als Anspruch auf seine gleichnamige Provinz betrachtete und den Beitritt seines Nachbarn zur EU und zur Nato blockiert hatte.

Das neu benannte Nordmazedonien wurde im vergangenen Jahr in die Nato aufgenommen. Die EU hat bisher noch kein grünes Licht für Verhandlungen gegeben.

Einschätzung zum Rücktritt von Präsident Zaev:

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Der Rücktritt von Premier Zaev komme insofern nicht überraschend, als dass er diesen Schritt im Fall massiver Verluste bei den Lokalwahlen bereits angekündigt hatte, erklärt Adelheid Wölfl, Osteuropa-Korrespondentin der österreichischen Tageszeitung «Der Standard».

Dabei habe Zaev mit dem Nato-Beitritt und der Beilegung des Namensstreits mit Griechenland durchaus Erfolge vorzuweisen. Allerdings seien die Menschen vor allem in den Städten enttäuscht über die anhaltend schlechte Infrastruktur, sagt Wölfl und nennt als Beispiel die sommerlichen Waldbrände und den Mangel an Feuerwehren. Entgegen den Versprechungen hätten die Sozialdemokraten auch den Klientelismus nicht erfolgreich eindämmen können.

International konnte Zaev keinen weiteren Schritt in Richtung EU machen. Und dies, obwohl er so viele Reformen durchzog wie keine andere Regierung der sechs Westbalkanstaaten: Medienfreiheit, Meinungsfreiheit, Kampf gegen Korruption, Stärkung der Justiz. Doch dann kam das Veto von Frankreich und nun noch jenes von Bulgarien, womit an einen Beginn von Beitrittsverhandlungen weiterhin nicht zu denken ist.

Insofern sei die EU mitschuldig am politischen Geschehen und am Rücktritt von Zaev, stellt Wölfl fest. Die EU habe Zaev nicht belohnt, obwohl Nordmazedonien reale Chancen auf einen EU-Beitritt habe. Der Europakurs könnte laut Wölfl nun geschwächt werden, zumal die Regierung mit ihrer dünnen Mehrheit von 62 von 120 Sitzen im Parlament wackle und die national-konservative Opposition mit ihren Sympathien zu Ungarns Orban-Regime Neuwahlen auf nationaler Ebene versuchen werde. Dann sei das grosse Reformprojekt gefährdet.

SRF 4 News, 31.10.2021, 23:30 Uhr ; 

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