Was ist das für eine Kapsel? Die Kapsel ist 6x8 mm gross und mit dem radioaktiven Alkalimetall Cäsium-137 gefüllt. Generell werden solche Kapseln zur Material- und Dichteprüfung verwendet. Laut Georg Steinhauser, Professor für Radioökologie an der Technischen Universität Wien, lassen sich damit etwa Stahlkonstruktionen kontrollieren, die einer grossen Strahlenbelastung ausgesetzt sind. «Die Kapsel ist quasi wie ein Super-Röntgen.»
Wann ist sie verloren gegangen? Noch ist unklar, wann genau die Kapsel abhandenkam. Sie soll nach dem 12. Januar von einem Lastwagen gefallen sein. Dieser hätte das Gehäuse über rund 1400 Kilometer von einer Mine nördlich der Bergbaustadt Newman hin zu einem Depot nahe der Metropole Perth bringen sollen. Dass die Kapsel fehlte, wurde erst beim Entladen des Lastwagens am 25. Januar bemerkt.
Wie ist sie verloren gegangen? Die Behörden nehmen an, dass sich durch die Vibrationen bei der Fahrt ein Container-Bolzen gelöst habe und die Kapsel durch das Bolzenloch gefallen sei. Wie sie von dort aus dem Laster gelangte, ist noch nicht geklärt.
Wem ist sie verloren gegangen? Der britisch-australische Bergbauriese Rio Tinto, der die Kapsel in der Gudai-Darri-Mine im Einsatz hatte, will ein auf radioaktive Transporte spezialisiertes Unternehmen mit der «sicheren» Verpackung und dem Transport der Kapsel beauftragt haben.
Welche Gefahr geht für das Individuum aus? Natürliche Radioaktivität, schickt Steinhauser voraus, hätten wir um uns und in uns. Bei einer Berührung der Kapsel sei der Strahlenwert aber rasch viel höher. Der menschliche Körper sei daran nicht gewöhnt und könne erheblichen Schaden - von Rötungen hin bis zu Krebserkrankungen - nehmen. Zur Einordnung des Risikos hält er fest: «Wenn man einen Meter entfernt ist und sich eine Stunde neben der Kapsel aufhält, bekommt man die Jahresdosis ab, die man durch natürliche Strahlung unvermeidbar abbekommt.»
Welche Gefahr besteht für die Gesellschaft? Dies hängt laut Steinhauser vom Zustand der Kapsel und vom Umgang mit dem Gehäuse ab: «Ganz besonders unangenehm wird es, wenn die Kapsel womöglich undicht wird. Das sollte eigentlich nicht passieren. Aber wenn da Autos darüber gefahren sind oder jemand aus Interesse die Kapsel aufbohrt (...), dann stünde Australien eine grossflächige Dekontamination ins Haus. Das wäre ein unschönes Szenario, kostete eine Unmenge Geld und würde noch weitreichende Folgen haben.»
Welche Massnahmen wurden ergriffen? Am Freitag, 27. Januar, informierte das Gesundheitsministerium von Western Australia die Bevölkerung. Die Menschen wurden aufgefordert, mindestens fünf Meter Abstand zu halten, sollten sie das Gehäuse entdecken. Seither läuft die Suche nach der Kapsel auf Hochtouren. Mit Strahlen- und Metalldetektoren suchen Spezialisten die 1400 Kilometer des Great Northern Highways ab. Neu sind auch Suchgeräte im Einsatz, die an Fahrzeugen befestigt werden können.
Wie kann die Kapsel gefunden werden? «Die verfügbaren Messgeräte zur Messung der Radioaktivität sind äusserst empfindlich», wie Annalisa Manera, Professorin an der ETH und Expertin für nukleare Sicherheit sagt. «Wenn sich die Strahlenquelle noch auf der 1400 km langen Strecke befindet, auf der sie verloren gegangen ist, sollte es möglich sein, sie zu finden.»
In Mitteleuropa ist das eigentlich komplett undenkbar.
Kann das wieder passieren? Laut Steinhauser hätte der Verlust der Kapsel gar nicht passieren dürfen. In der Regel würden zum Transport solcher gefährlichen Stoffe «multiredundante Behälter» verwendet, die «gegen Versagen und gegen ein Verlieren mehrfach gesichert sind». Man könne hier möglicherweise von einem Behördenversagen ausgehen, dass hier Kontrollen nicht ausreichend stattgefunden hätten. Ein denkbares Szenario auch anderswo? «Ich traue mich zu sagen», so Steinhauer, «in Mitteleuropa ist das eigentlich komplett undenkbar.»