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Südafrika: Steigende Lebensmittelpreise könnten zu Unruhen führen
Aus Tagesschau vom 04.07.2022.
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Verteuerte Lebensmittel Wie die Armen Südafrikas unter dem Ukraine-Krieg leiden

Brot und Sonnenblumenöl: Hauptnahrung für Südafrikas Arme. Beides ist seit dem Ukraine-Krieg um einen Drittel teurer.

Lea Qupa ist eine Reinigungsfachkraft und alleinstehende Mutter von vier Kindern. Sie verdient nicht viel, doch gerade genug, um ihre Familie durchzubringen. Bis der Krieg in der Ukraine kam. Seither haben sich die für sie wichtigsten Lebensmittel – Sonnenblumenöl, Margarine und Brot – und einen Drittel verteuert. «Vor dem Krieg konnte ich problemlos einen Liter Öl pro Monat kaufen, heute reicht es nur noch für eine kleine Flasche, und da wir uns Fleisch schon lange nicht mehr leisten können, ist das eigentlich unsere einzige Quelle an Fett», sagt sie vor dem Quartierladen im Township Tembisa bei Johannesburg.

Ihre Blechhütte teilt sie mit fünf Personen, sie ist die einzige, die Arbeit hat. Da sich auch das Brot verteuert hat, kauft sie mittlerweile Mehl, weil das für mehrere Brote reicht. In den Townships ist Brot mit Margarine, abgesehen von Maisbrei, ein Hauptnahrungsmittel. Man isst hier nicht zwei Scheiben pro Tag, sondern fünf oder mehr.  Bevor sie am Morgen um fünf die Hütte verliess, machte sie einen Teig. Den steckt sie nun in den kleinen Ofen.

Lea Qupa beim Brot backen.
Legende: Ein Hauptnahrungsmittel: Lea Qupa bereitet für ihre Familie ein Brot zu. Cristina Karrer

Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auf ihren ganzen Alltag und ihr ohnehin schon kleines Budget aus. So hat sie beispielsweise kein Geld mehr, um ein Taxi zu bezahlen, falls sie ein krankes Kind in das Spital bringen muss. «Zu uns kommt keine Ambulanz, darum müssen wir in einem solchen Fall ein Taxi bestellen, doch die sieben Franken dafür fehlen jetzt. Wir setzen unsere kranken Kinder in einen Schubkarren und stossen sie in den Spital», erklärt sie in ihrer Hütte.

Angst vor Hass und Fremdenfeindlichkeit

Die Quartierläden in den Townships werden häufig von äthiopischen, somalischen oder pakistanischen Staatsangehörigen geführt. Sie besitzen die entsprechenden Netzwerke und bieten ihre Waren häufig günstiger als Supermärkte an. Doch da in den Townships ein latenter Hass gegen Ausländer herrscht, verbarrikadieren sie sich hinter Gittern.

Eine Frau steht vor einem vergitterten Quartierladen.
Legende: Ein Laden wie ein Gefängnis: Aus Angst vor Angriffen vergittern Ladenbesitzer ihre Geschäfte. Cristina Karrer

Lea Qupa kennt den Mann, der ihr die kleine Flasche mit Sonnenblumenöl verkauft hat, seit Jahren. Nun hat sie Angst um ihn. «Hier regiert Misstrauen, und zudem wissen viele Leute gar nicht, dass in der Ukraine Krieg herrscht und das Öl importiert wird. Sie glauben, dass die Ladenbesitzer hinter der Verteuerung stecken und mehr Gewinn machen wollen. Wird das mit der Verteuerung weitergehen, ist es gut möglich, dass einmal mehr diese zu Sündenböcken erklärt und ihre Läden ausgeraubt werden.»

Kein finanzielles Polster

Auch Ökonom Paul Makubane macht sich angesichts der Teuerung grosse Sorgen. Die Ukraine und Russland seien Hauptexporteure von Sonnenblumenöl, und das gehöre gerade in finanzschwachen Bevölkerungsschichten zur Lebensmittelgrundlage. «Weitere Preisanstiege sind angesagt, ich weiss auch nicht, wie bereits ums Überleben kämpfende Menschen darauf reagieren werden», sagt er.

Lea Qupa und drei ihrer Enkel beim Abendessen.
Legende: Spärlich und teuer: Zum Abendessen gibt es bei Lea Qupa Brot mit Tee. Cristina Karrer

Makubane meint, es bestehe durchaus Grund zur Befürchtung, dass wie im letzten Jahr Unruhen ausbrechen können, denn ein Grossteil der Bevölkerung habe bereits unter der Pandemie gelitten, viele seien arbeitslos geworden, ein finanzielles Polster wie in den Industrienationen existiere hier nicht. Doch zumindest habe der Krieg vor Augen geführt, dass man einseitige Abhängigkeiten vermeiden muss. «Der Weizenanbau lässt sich hier nur bedingt ausweiten, doch Sonnenblumen, das ist kein Problem. Und daran ist man in der Landwirtschaft.»

Tagesschau, 4.7.2022, 19:30 Uhr

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