Hinter der Theke steht Chefkoch Yuhei Amano, auf dem Kopf trägt er eine weisse Mütze. Konzentriert schneidet er rohen Thunfisch in kurze Streifen. Derzeit habe er nicht viel zu tun, sagt er.
Seit Beginn der Viruskrise blieben viele Kunden weg. «Wir haben bereits über 100 Stornierungen», beklagt er. Normalerweise klingle in seinem Restaurant ständig das Telefon. «Wenn jetzt noch jemand anruft, dann meistens, um eine Reservation abzusagen.»
Wie lange dauert das noch?
Es ist kurz nach 12 Uhr mittags, im Restaurant sitzen nur zwei Kundinnen. Die restlichen Tische sind leer. Umgerechnet 1000 Franken koste die Krise das Restaurant jeden Tag, sagt Amano. Noch bleibt das Lokal aber geöffnet, falls doch noch Gästen kommen.
Allerdings sei die Unsicherheit gross. Einige sagten, dass die Krise bis Ende Mai anhalten werde, andere glaubten, in zwei Wochen sei es vorbei, sagt der Koch. «Das Schlimmste ist, dass wir nicht wissen, wann es endet.»
Privatkonsum noch stärker unter Druck
Für Japan komme die Viruskrise zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, sagt Ökonom Yoichi Takahashi der Kaetsu Universität in Tokio. So sei der Privatkonsum seit Oktober wegen der Mehrwertsteuererhöhung sowieso schon zurückgegangen. «Nun wird der Konsum im ersten Quartal von Januar bis März wegen des Coronavirus noch weiter abnehmen.»
Für die japanische Wirtschaft wird das Folgen haben, denn der Konsum macht rund 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Zudem leidet unter der Krise auch der Industriesektor, weil dort Bauteile aus China fehlen.
Chinesische Touristen bleiben aus
Betroffen ist nicht zuletzt auch der Tourismus: Fast zehn Millionen Chinesen besuchten Japan allein im vergangenen Jahr, der grosse Nachbar ist der für Japan mit Abstand grösste Tourismusmarkt. Doch seit der Viruskrise bleiben die meisten Chinesen zu Hause.
Kengo und Mina Kagi spüren bereits die Auswirkungen. Das Ehepaar betreibt im Städtchen Ine in der Präfektur Kyoto ein traditionelles Gästehaus und ein Café mit Blick aufs Meer. Inzwischen komme kaum mehr ein chinesischer Touristenbus in ihren Ort, sagt Kengo.
Und Mina Kagi fügt hinzu, dass sie einfach warteten, bis die Gäste wiederkämen. Mit dem Ausbleiben von ausländischen Touristen müsste sich der Touristenort eben wieder vermehrt auf japanische Gäste konzentrieren, finden die beiden.
Japan droht sogar eine Rezession
Doch so einfach ist das nicht. Ökonomin Akane Yamaguchi vom Wirtschaftsforschungsinstitut Daiwa gibt sich pessimistisch. So seien zuerst die Ankünfte ausländischer Touristen stark zurückgegangen. «Doch nun sinken auch die Zahlen der inländischen Touristen», stellt sie fest.
Sollte sich die Viruskrise weiter ausweiten, könnte Japans Bruttoinlandsprodukt dieses Jahr schrumpfen, warnt das Wirtschaftsforschungsinstitut Daiwa.
Yamaguchi sieht Parallelen zum Erdbeben, dem Tsunami und der Atomkatastrophe vor neun Jahren. «Nach dem 11. März 2011 nahmen Freizeitaktivitäten und Reisen der Japaner stark ab.» Anhand dieser Erfahrung gehe man davon aus, dass dies auch jetzt der Fall sein werde.
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Echo der Zeit vom 5.3.2020, snep