Alle Jahre wieder ist es das gleiche Spiel. In Peking tritt der Nationale Volkskongress zusammen, Chinas rund 3000-köpfiges Parlament. Am Eröffnungstag präsentiert die Regierung den Delegierten den Tätigkeitsbericht, formuliert Ziele und verteilt Lob, vor allem an sich selbst.
Das ist auch dieses Jahr nicht anders. Bereits im ersten Abschnitt des Tätigkeitsberichts heisst es umständlich formuliert, man habe «die Forderungen umgesetzt, COVID-19 unter Kontrolle zu bringen, die Wirtschaft zu stabilisieren und Entwicklung sicherzustellen.»
Mitte Dezember hat China als eines der letzten Länder der Welt die Null-Covid-Politik aufgegeben. Die Rückschläge des letzten Jahres, wie zum Beispiel der zweimonatige Total-Lockdown der Millionenmetropole Schanghai und das katastrophale Krisenmanagement, bleiben unerwähnt.
China legt Wachstumsziel auf fünf Prozent fest
Das hat System. Statt sich mit Selbstkritik aufzuhalten, blickt die Regierung lieber nach vorn. So soll im laufenden Jahr die Wirtschaft um rund fünf Prozent wachsen. Die Hoffnung ruht auf der Bevölkerung. Vor allem ihr Konsum soll das Wachstum antreiben.
Die Regierung kündigt unterstützende Massnahmen an, ohne allerdings konkret zu werden. Die Entwicklung der Wirtschaft nimmt viel Raum ein, auf Kosten anderer Themen, wie zum Beispiel der Demografie.
Demografische Herausforderung eine Randnotiz
Anfang dieses Jahres gab China bekannt, dass die Bevölkerung 2022 erstmals seit 60 Jahren schrumpft. Indien dürfte China laut Hochrechnungen noch diesen Frühling als bevölkerungsreichstes Land überholen.
China fehlt der Nachwuchs und das Land überaltert im Eiltempo. Das ist ein Problem für den Arbeitsmarkt, das Rentensystem und damit auch für das angestrebte Wirtschaftswachstum.
Die demografische Entwicklung wird trotz Dringlichkeit lediglich in einem einzigen Satz im Bericht abgehandelt: «Wir wollen auch die Betreuungsdienstleistungen für Senioren verstärkt gewährleisten und das System der politischen Massnahmen zur Geburtenunterstützung vervollkommnen.»
Militärausgaben steigen um 7.2 Prozent
Neben dem Tätigkeitsbericht wurde heute auch der Haushaltsentwurf vorgestellt. Wie in den Jahren zuvor will die chinesische Regierung auch in diesem Jahr erneut mehr Geld für das Militär ausgeben. Der Militäretat soll um 7,2 Prozent auf umgerechnet 211 Milliarden Franken ansteigen.
Nach den USA gibt China weltweit am meisten für die Landesverteidigung aus. Das Land ist auf dem Weg zur militärischen Supermacht. Insbesondere für seine Pläne im Indopazifik will China eine schlagkräftige Armee.
Es geht um den Einfluss vor der eigenen Haustür, aber auch um Taiwan. Peking betrachtet die Insel als abtrünnige Provinz. Auch der heute veröffentlichte Tätigkeitsbericht wiederholt das Ziel einer «friedlichen Wiedervereinigung des Vaterlandes».
Der Volkskongress dauert noch bis zum 13. März. An den kommenden Tagen werden der Tätigkeitsbericht und der Haushaltsentwurf diskutiert. Zudem wird Xi Jinping gegen Kongressende als Regierungschef für eine weitere dritte Amtszeit bestätigt, eine reine Formsache.