Die Demokraten vermuteten von Anfang an ein falsches Spiel, als die neu gewählte Trumpregierung 2017 die Idee lancierte, bei der nächsten Volkszählung nach dem Bürgerrecht zu fragen.
Eine lautstarke Gegenerin der Idee ist die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio Cortez. Normalerweise würden neue Volkszählungsfragen eingehend geprüft. Sie wolle wissen, weshalb die Regierung solche Eile habe, sagte sie gestern im Repräsentantenhaus. Ebenso, warum diese Frage plötzlich magisch hinzugefügt werde, nachdem sich ein konservativer Stratege dafür eingesetzt habe.
Ein klarer Ratschlag
Vor zwei Wochen kamen schriftliche Dokumente zum Vorschein, die das Motiv der Trump-Regierung in ein schiefes Licht rücken. Darin verspricht der einflussreiche Politberater Thomas Hofeller den Republikanern nämlich einen positiven Wahl-Effekt, wenn sie die Bürgerrechtsfrage in der Volkszählung stellten. Hoffeller ist inzwischen verstorben.
Kritiker: Abschreckung von Immigranten als Ziel
Sein Nachlass bestätigt die Vermutung der Demokraten, es handle sich um ein politisch motiviertes Manöver. «Letztlich ist geht es darum, die Macht der republikanischen Partei zu stärken, indem man Immigranten ohne Wahlrecht von der Volkszählung ausschliesst», erklärt der Rechtsexperte Thomas Wolf vom Brennan Center of Justice.
Die Republikaner würden Immigranten bewusst abschrecken, damit sie bei der Volkszählung nicht mitmachten, so Wolf. Das hätte zu Folge, dass in Staaten mit vielen Immigranten wie Kalifornien 2020 deutlich weniger Leute gezählt werden würden. Und das wiederum würde die Wahlkraft der republikanisch wählenden Regionen der USA stärken.
Census Bureau bestätigt
Eine Studie des Census Bureau, der Behörde, die für die Volkszählung zuständig ist, schätzt, dass rund sechs Millionen Immigranten sich oder Familienmitglieder nicht mehr zählen lassen würden, erschiene eine solche Frage im Katalog. Laut Wolf haben vor allem Latinos Angst, illegale oder temporär aufgenommene Familienmitglieder zur Zielscheibe für die Ausschaffungsbehörden zu machen.
Regierung: Besserer Schutz von Minderheiten
Die Trump-Regierung bestreitet vehement, dass sie die Frage nach dem Bürgerrecht aus politischen Gründen stellen will. Ihre Begründung erklärte Handelsminister Wilbur Ross an einem Kongress-Hearing im März wie folgt: Das Justizministerium habe ihn gebeten, die Frage einzuführen, um mit besseren Daten das Wahlrecht von Minderheiten bei der Wahlkreisziehung besser zu schützen. Nur wenn die Zahl der in einem Bezirk lebenden Wahlberechtigten klar sei, würden allfällige Manipulationen sichtbar, lautet die Logik der Regierung.
Für die Demokraten und Bürgerrechtsorganisationen ist dieses Argument ein Hohn. «Die Trump-Regierung ist kein Freund der Minderheiten, und eine Gruppe, die Präsident Trump am stärksten dämonisiert, sind die Latinos», sagt Wolf.
Oberstes Gericht muss entscheiden
Ob die Frage nach dem Bürgerrecht in der Volkszählung kommendes Jahr erscheinen darf, wird der Oberste Gerichthof noch im Juni entscheiden. Dessen konservative Mehrheit zeige sich geneigt, der Trump-Regierung Recht zu geben, meinen Experten. Doch der Druck auf die Richter und Richterinnen ist gewachsen, denn inzwischen ist das Urteil zum Balanceakt im politischen Minenfeld in Washington geworden.