Die Weltgemeinschaft blickt mit Sorge in Richtung koreanischer Halbinsel: Auf nordkoreanische Raketentests folgen verbale Kriegsdrohungen aus Washington. Davon liess sich der kommunistische Diktator Kim Jong Un aber nicht beeindrucken: Vielmehr zündete das Regime in Pjöngjang eine Wasserstoffbombe.
Zweifellos: Die Nordkorea-Krise spitzt sich in atemberaubenden Tempo zu. Für Bundespräsidentin Doris Leuthard Anlass genug, eine diplomatische Initiative zu lancieren. «Es ist nun wirklich Zeit, sich an den Tisch zu setzen. Grossmächte haben eine Verantwortung», sagte die CVP-Bundesrätin vor ausländischen Journalisten in Bern. Demnach kann die Eidgenossenschaft laut Leuthard Schauplatz für Gespräche der zuständigen Minister sein.
Es ist nun wirklich Zeit, sich an den Tisch zu setzen. Grossmächte haben eine Verantwortung.
Tatsächlich blickt die Schweiz auf eine diplomatische Tradition der «guten Dienste» zurück und wird für ihre Vermittlerrolle weltweit geachtet. Die Schweiz hat gemäss dem EDA seit der Jahrtausendwende denn auch in über zwei Dutzend Friedensprozessen vermittelt. «Viele dieser Vermittlungen sind aber nicht öffentlich bekannt, weil die Konfliktparteien oft nicht wünschen, dass ihr Engagement in Friedensverhandlungen bekannt wird», heisst es seitens des Aussendepartements. Diejenigen diplomatischen Initiativen, welche öffentlich bekannt sind, können sich jedoch sehen lassen – wie diese fünf Beispiele zeigen:
Russlands Aufnahme in die WTO
Im August 2012 trat Russland der Welthandelsorganisation WTO bei. Allerdings gingen dem Beitritt 18 Jahre andauernde, lange und zähe Verhandlungen voraus – und dabei spielte insbesondere Georgien eine entscheidende Rolle. So verzögerte der Kaukasusstaat die Gespräche über die Aufnahme Russlands jahrelang. Russland benötigte für den Beitritt die Zustimmung aller WTO-Mitgliedstaaten.
Georgiens Misstrauen Russland gegenüber fusste indes auf dem Kaukasuskrieg im Jahre 2008. Damals kam es zum bewaffneten Konflikt zwischen Georgien und Russland sowie den von Russland unterstützten und nicht anerkannten Republiken Südossetien und Abchasien. Letztlich ebnete die Schweizer Vermittlung den Durchbruch bei den Beitrittsverhandlungen. Der ausgehandelte Kompromiss regelt danach den Handel zwischen Russland und den beiden abtrünnigen Regionen.
Sudan – Nuba Mountains
Schweizer Diplomaten waren massgeblich am Waffenstillstandsabkommen in den Nuba Mountains im jahrelangen Konflikt zwischen der Sudan People's Liberation Army (SPLA) und dem islamistischen Regime im Sudan verantwortlich. Unterzeichnet wurde der Friedensvertrag letztlich im Januar 2002 auf dem Bürgenstock.
Hoch über dem Vierwaldstättersee baten die Konfliktparteien und die USA die Schweiz zudem darum, die Leitung der Kommission zur Überwachung des Waffenstillstandsabkommens zu überwachen. Nach dreieinhalb Jahren schloss die Kommission ihre Tätigkeit ab und übergab das Feld der Uno-Mission im Sudan (Unmis). Mittlerweile ist der Konflikt im Sudan aber wieder aufgeflammt.
Kolumbien
Vergangenes Jahr schlossen die kolumbianische Regierung und die Farc-Rebellen nach 52-jähriger Feindschaft einen historischen Friedensvertrag. Mit dabei die Schweiz – als Mediator. Die Schweizer Diplomaten verfolgten während den Verhandlungen eine ausgedehnte Kooperationsstrategie. Sie arbeiteten besonders in ländlichen Regionen eng mit den lokalen Organisationen zusamnen.
Zur bilateralen Agenda gehört überdies die Aufbewahrung der Friedensabkommen in der Schweiz, die Teilnahme der Schweiz an den Verhandlungen mit der anderen kolumbianischen Guerilla, der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) und die Unterstützung des Centro Nacional de Memoria Histórica (CNMH) und der Kampf gegen Verletzungen der Menschenrechte.
Armenien-Türkei
Mit dreistündiger Verspätung setzten der türkische Aussenminister Ahmet Davutoglu und sein armenischer Amtskollege Edouard Nalbandian in der Aula der Universität Zürich im Oktober 2009 ihre Unterschrift unter zwei Abkommen. Mit am Tisch: Die damalige US-Aussenministerin Hillary Clinton, ihr russischer Amtskollege Sergej Lawrow – und Bundesrätin Micheline Calmy-Rey.
Der Vertrag zwischen den beiden Ländern wurde zwei Jahre lang unter Vermittlung der Schweiz ausgehandelt. Das erste Abkommen regelt die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien. Diese liegen seit 1993 auf Eis. Damals schloss die Türkei die Grenze zu Armenien und unterstützte damit Aserbaidschan in dessen Konflikt mit Armenien. Der Streitpunkt: Die Kontrolle über die Enklave Berg-Karabach. Diese wird von Armeniern bewohnt.
Im Abkommen sicherte die Türkei den Armeniern Dialog zu, ohne Konzessionen in der Karabach-Frage zu erhalten. Ausserdem stimmte Armenien im Vertrag der Einsetzung einer Historikerkommission zu. Diese soll den mutmasslichen Genozid der Türkei an 1,5 Millionen Armeniern in Anatolien im Jahre 1915 untersuchen. Trotz Vertragsunterzeichnung wurde der Vertrag von den beiden Parlamenten nicht ratifiziert.
Ukraine
Während des Schweizer Vorsitzes der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wurden im Ukraine-Konflikt zwischen Kiew und Moskau die Minsker Vereinbarungen ausgearbeitet und die Sonderbeobachtungsmission für das krisengeschüttelte Land geschaffen. Die Schweizer Botschafterin Heidi Tagliavini war dabei massgeblich am Zustandekommen der Vereinbarungen beteiligt.
Wie das EDA auf Anfrage betont, würden die Minsker Vereinbarungen nach wie vor die wichtigsten Dokumente für die Deeskalation und die Stabilität der Lage in einigen Gebieten in der Ostukraine darstellen. Nichtsdestotrotz kommt es an der Frontlinie in der Ostukraine nach wie vor zu Kampfhandlungen.