Das wird teuer für VW. Die Rede ist nicht allein von den gut 25'000 Euro, die der Konzern an Herbert Gilbert zahlen muss. Der hatte gegen VW geklagt und hat nun Recht bekommen. Es geht auch um rund 60'000 weitere Verfahren, die noch hängig sind. Aber der Reihe nach.
Millionen Autos manipuliert
2014 kaufte sich Herbert Gilbert einen VW Sharan – ein gutes Auto, wie er vor Gericht betonte. Wenn da nicht die Sache mit der ominösen «Abschaltvorrichtung» gewesen wäre: VW hatte diese in Millionen Autos eingebaut, um die Abgaswerte zu manipulieren. Der Sharan gab vor, umweltfreundlicher zu sein, als er es tatsächlich war.
2015 musste VW die Manipulation zugeben. Gilbert fühlte sich betrogen und zog vor Gericht. Er verlangte von VW den vollen Kaufpreis zurück. Damit kam er zwar nicht durch, aber im Grundsatz gaben ihm die Karlsruher Richter recht. VW muss zahlen und darf lediglich einen Betrag für die seither gefahrenen Kilometer abziehen. Bleiben die erwähnten 25'000 Euro Schadenersatz.
«Ein toller Tag»
Gilbert ist zufrieden. «Das ist ein toller Tag, das ist ein tolles Urteil», freute er sich nach der Entscheidung. Zerknirschter klang da die Ankündigung einer VW-Sprecherin, der Konzern werde jetzt auf weitere Kläger mit einem Kompromiss-Vorschlag zugehen. Etwas anderes bleibt VW nicht übrig, denn die bisherige Strategie, einen Schaden zu bestreiten, verfing nicht.
In dieser Frage waren die Richter klar: Ein Schaden stehe ausser Frage. Daran ändere auch das im Nachhinein entwickelte «Software-Update» nichts, das VW betroffenen Kunden zur Verfügung stellte. VW habe seine Kunden sittenwidrig getäuscht und sei deshalb schadenersatzpflichtig. Punkt.
Ungemach droht gesamter Auto-Industrie
Über 200'000 Kunden in Deutschland hatten sich bereits früher auf einen Vergleich mit VW geeinigt. Für sie kommt dieses Urteil zu spät. Alle übrigen haben nun gute Aussichten, vor Gericht zu siegen, oder sie lassen sich ebenfalls auf einen aussergerichtlichen Kompromiss mit VW ein. So günstig wie beim letzten Mal dürfte der Konzern nun nicht mehr davonkommen.
Das Urteil trifft VW in denkbar schlechten Zeiten: Der Konzern steckt mitten im Strukturwandel hin zu Elektro-Autos, musste wegen Corona Kurzarbeit anmelden und verlangt nun staatliche Hilfe in Form von Kaufprämien für neue Autos. Ob der Staat darauf eingeht, ist noch nicht sicher.
Und dann wären da noch die übrigen «Verdächtigen» wie BMW oder Daimler, deren Schwierigkeiten nicht kleiner sind, und denen wegen ihrer Diesel-Manipulationen ähnliches Ungemach droht. So toll der Tag für Konsumentinnen und Konsumenten heute sein mag, so unerfreulich ist er für die deutsche Auto-Industrie.