Anonyme Quellen des Kremls haben der Nachrichtenagentur Reuters mitgeteilt, dass Putin bereit sei für einen Waffenstillstand entlang der momentanen Frontlinie in der Ukraine. Die Frage ist allerdings, wie ernst diese Quellen ein solches Angebot meinen und vor allem auch, wie ernst es Putin ist.
Es bestehen grosse Zweifel daran, dass Putin ein solches Angebot ernst meint. Denn Russland liess in den vergangenen Wochen und Monaten den Krieg in der Ukraine intensivieren und eskalieren. Russland eröffnete zum Beispiel eine neue Front im Norden und bombardiert unablässig die Grossstadt Charkiw. Es sieht also nicht danach aus, dass Russland plötzlich zur Einsicht kommt, diesen Krieg aufgeben zu wollen.
Wohl kein ernst gemeintes Angebot
Bei Putins «Friedensangebot» könnte es sich schlicht um Kriegspropaganda, um eine Finte, handeln. Man stelle sich vor: Der Kreml lässt verbreiten, dass Russland bereit sei für einen Frieden oder zumindest für einen Waffenstillstand. Dann wird dieses Ansinnen von der Ukraine und von westlichen Staaten geprüft.
Kommen diese zum Schluss, dass es kein ernst gemeintes Angebot ist und lehnen es ab, kann sich der Kreml damit brüsten, Frieden zu wollen und die Gegenseite als Aggressor darstellen. Daher ist zu befürchten, dass diese «Friedenstöne» aus dem Kreml höchstwahrscheinlich eher Propaganda als ein ernst gemeintes Angebot sind.
Russlands Druck vor Ukraine-Konferenz
Möglicherweise ist auch der Zeitpunkt dieser Ankündigung von Russland nicht ganz zufällig gewählt – so kurz vor der Ukraine-Konferenz am 15. und 16. Juni in der Schweiz. Derzeit sind viele neutrale Staaten beziehungsweise Staaten des globalen Südens noch unsicher, ob sie wirklich an die Konferenz reisen sollen. Russland soll erheblichen Druck auf diese Staaten ausüben, damit sie nicht auf den Bürgenstock reisen, weil der Kreml die Konferenz als feindliche Veranstaltung betrachtet.
Vor diesem Hintergrund würde es Sinn ergeben, dass sich der Kreml nun friedfertig gibt. Dann könnten mehrere Staaten denken: Was sollen wir in die Schweiz reisen, wenn Putin ja auch Frieden will?