- In zehn Tagen will die EU die Verhandlungen über den Brexit beginnen.
- Die Wahl in Grossbritannien hat jetzt aber die Position der britischen Regierung massiv geschwächt.
- David McAlister ist Vorsitzender des Aussenpolitischen Ausschusses der EU, deutsch-britischer Doppelbürger und sitzt für die deutsche CDU im Europaparlament.
- Er beobachtet den Ausgang der Wahlen gleichzeitig besorgt und entspannt.
Seit einem Jahr wartet Brüssel auf London. Man wartet darauf, dass die Brexit-Verhandlungen endlich beginnen können, bis die Briten bereit sind. Zuweilen war man ziemlich genervt, dass es in London nicht schneller vorwärts geht. Und jetzt das.
Ich glaube, wir werden in den nächsten Tagen noch manche muntere Debatten in London erleben.
Man wird wohl noch länger warten müssen, wie David McAlister, deutsch-britischer Doppelbürger und CDU-Abgeordneter im EU-Parlament sagt: «Jetzt müssen wir abwarten, ob Grossbritannien in den nächsten zehn Tagen eine Regierung bekommt, die nicht nur stabil, sondern auch in der Lage ist, wichtige Entscheidungen zu treffen.»
Kommt es doch zum weichen Brexit?
Auch wenn Theresa May angekündigt hat, dass sie eine neue Regierung bilden wolle, so ist noch keineswegs klar, ob sie auch eine Mehrheit des Parlaments hinter sich hat. McAlister will zum heutigen Zeitpunkt nichts ausschliessen: «Ich glaube, wir werden in den nächsten Tagen noch manche muntere Debatten in London erleben.»
Erst konzentrieren wir uns auf die konkreten Bedingungen eines britischen EU-Austritts. Wenn wir die unter Dach und Fach haben, sind wir in einem zweiten Schritt bereit, uns über die Grundzüge der neuen Beziehungen zu verständigen.
May ist mit ihrem Ziel gescheitert, für einen harten Brexit ein starkes Wähler-Mandat zu erzielen. Nun werden im Vereinigten Königreich Stimmen laut, die zu einem weichen Brexit umschwenken wollen – also einen Austritt aus der EU mit Zugang zum Binnenmarkt und den zugehörigen Verpflichtungen.
Die grossen Streitthemen
McAlister würde sich darüber freuen. Er sagt aber auch, ob harter oder weicher Brexit spiele keine Rolle. Die EU hat ihre Verhandlungsposition festgelegt und daran wird sich nichts ändern. «Erst konzentrieren wir uns auf die konkreten Bedingungen eines britischen EU-Austritts. Wenn wir die unter Dach und Fach haben, sind wir in einem zweiten Schritt bereit, uns über die Grundzüge der neuen Beziehungen zu verständigen», sagt McAlister.
Da wird man am Ende eine sehr kreative Lösung finden müssen.
Für die EU ist vor allem eine starke und handlungsfähige Regierung in London wichtig, um so rasch als möglich drei zentrale Austrittsfragen zu klären.
- Die Rechte der EU-Bürger im Vereinigten Königreich.
- Das Geld, das London noch nach Brüssel überweisen muss.
- Die Grenze zwischen Irland und Nordirland, die so offen bleiben muss, wie sie es heute ist, wenn es nach der EU geht.
Weicht Mays Bündnispartner den Brexit auf?
McAlister erwartet beim ersten Punkt Einigkeit. Schwieriger könnten laut ihm die Verhandlungen über Geld und die Grenze zu Nordirland werden. Wie das Vereinigte Königreich einen harten Brexit, der klare Aussengrenzen beinhaltet, erreichen und trotzdem eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland behalten will, sei völlig unklar. «Das ist eine komplizierte Aufgabe Ich habe noch keinen gefunden, der mir darauf eine Antwort präsentieren kann. Da wird man am Ende eine sehr kreative Lösung finden müssen.»
Und hier kommt die britische Innenpolitik wieder ins Spiel. Sollte May zusammen mit den nordirischen Unionisten eine Regierung bilden, wie sie es angekündigt hat, könnte das eine Aufweichung der harten Brexit-Position bewirken. Auch das würde man in Brüssel sehr genau beobachten.