Auf dem sonst stillen Campus der Universität von KwaZulu-Natal in Pietermaritzburg durchbrechen einzig die Afro-Beats eines nahegelegenen Pommesstands die Ruhe. Zwischen den eindrucksvollen, von Bäumen gesäumten Gebäuden sitzt Wakile Mshongo auf einer Parkbank, tief in seine Notizen vertieft. Als Teil der «Born Frees» – jener Generation, die nach dem Ende der Apartheid geboren wurde und als Hoffnungsträger und Zukunft Südafrikas gilt – fühlt Wakile keine Befreiungseuphorie.
Fast 45 Prozent der Südafrikanerinnen und Südafrikaner sind jünger als 25 Jahre alt, doch die Herausforderungen, denen diese junge Bevölkerung gegenübersteht, sind erdrückend: hohe Arbeitslosigkeit, unzureichende Bildung und weitverbreitete Kriminalität.
Desillusioniert und misstrauisch
«Ich bin unsicher, welcher Partei ich vertrauen kann. Jede könnte korrupt sein, egal, für welche ich stimme», sagt Wakile. Sein Misstrauen teilen viele seiner Altersgenossen. Eine 23-jährige Studentin, die anonym bleiben möchte, äussert ihre Frustrationen: «Jedes Mal, wenn wir wählen, ändert sich nichts. Es wird schlimmer. Deshalb werde ich nicht wählen. Meine Stimme bewirkt nichts.»
Im Herzen des belebten Townships Soweto erzählen junge Menschen ähnliche Geschichten. Eine junge Frau erklärt: «Ich bin arbeitslos. Meine Eltern sind arbeitslos. Der ganze Haushalt ist arbeitslos. Es ist traurig für junge Menschen, die ihre Ausbildung abschliessen, ein Studium absolvieren und dann keine Arbeit finden.»
Nancy Msibi, Projektkoordinatorin bei der Konrad-Adenauer-Stiftung sieht die Ursachen dieser Frustration klar: «Die Jugend sagt: Wie sollen wir uns auf das Wählen konzentrieren, wenn wir heute nichts zu essen haben?» Die älteren Generationen wählen den ANC aufgrund des Traumas, das sie während der Apartheid erlebt haben. Doch die jüngeren Wähler der Born Free-Generation kennen nur ein demokratisches Südafrika und fühlen sich von den Versprechen des ANC nicht mehr angesprochen.
Populismus im Aufstieg
Inmitten dieser Unzufriedenheit und Enttäuschung findet die populistische Partei Economic Freedom Fighters (EFF) Anklang. Die von Julius Malema gegründete Partei, bekannt für ihre rote Kleidung und lauten Kundgebungen, zieht die Jugend mit Influencern und Musikern an und verspricht radikale Wirtschaftsreformen sowie bessere Bildung.
Bei einer EFF-Kundgebung in Soweto herrscht eine festliche Stimmung. Regan Zita trägt ein rotes EFF-Hemd mit der Aufschrift «Land und Jobs jetzt». «Die EFF-Botschaft berührt mich, weil sie von Landenteignung ohne Entschädigung und der Würde der Schwarzen sprechen», sagt Zita. Liane Matthijs, EFF-Sprecherin, fordert: «Gebt uns fünf Jahre. Ihr habt der regierenden Partei 30 Jahre gegeben. Wenn wir es vermasseln, ist das in Ordnung.»
Am Mittwoch wählt Südafrika. Obwohl die Jungen etwa ein Drittel der Wählerschaft ausmachen, haben sich nur 40 Prozent von ihnen überhaupt registriert. Prognosen zeigen, dass die ANC ihre Mehrheit verlieren könnte.
Die EFF dürfte um die 15 Prozent der Stimmen erhalten. Ob sich die jungen Menschen beteiligen oder weiter abwenden, wird sich zeigen. Ihre Teilnahme könnte entscheidend sein, aber ihre Desillusionierung spricht dagegen.