Bulgarinnen und Bulgaren haben am Sonntag zum zweiten Mal innerhalb von 100 Tagen ihr Parlament und damit ihre Regierung gewählt. Wieder gibt es keinen klaren Sieger, wieder ist es schwierig bis unmöglich eine Regierungsmannschaft aufzustellen. Und das ist gut für Bulgarien.
Denn deswegen hat der bulgarische Präsident im Mai eine Übergangsregierung ernannt, die niemand gewählt hat, Leute mit Diplomen der Elite-Universität Harvard. Und jetzt passieren schier unglaubliche Dinge; die Kruste der Korruption, die das Land überzieht, bricht auf.
Luxusautos als Wracks deklariert
Die neuen Minister haben gemerkt, dass etliche Luxusautos an den bulgarischen Grenzen als Wracks deklariert ins Land gekommen sind. Niemand hat Zoll bezahlt, niemand hat Mehrwertsteuer bezahlt. Offenbar seit Jahren.
Die neuen Minister haben einen Geldtopf der alten Regierung für neue, kleine und erfinderische Unternehmen genau angeschaut. Und gemerkt, dass daraus 600 Millionen Franken an Unternehmen geflossen sind, die weder neu noch klein noch erfinderisch sind, dafür aber den reichsten bulgarischen Geschäftsleuten gehören.
Die neuen Minister haben herausgefunden, dass die alte Regierung 100 Millionen Franken ausgegeben hat für die Beseitigung von Erdrutschen. Bloss: Sie hat nie ausgerechnet, wie gross der Schaden ist, den Erdrutsche im Land anrichten. Bloss: Das ganze Geld ist in die Taschen regierungsnaher Geschäftsleute geglitten. Bloss: Kein einziger Erdrutsch ist bisher beseitigt worden.
Unzählige Beispiele
Die neuen Minister haben entdeckt, dass die bulgarische Steuerbehörde unter der alten Regierung das Naheliegendste nicht getan hat: Steuern erheben. Fünfeinhalb Milliarden Franken Steuereinnahmen hat die alte Regierung einfach abgeschrieben – offenbar um ihre Freunde unter den Geschäftsmännern zu schonen. Die neuen bulgarischen Minister haben nun in einem Monat immerhin sieben Millionen Franken an Steuern nachträglich eingetrieben.
Man könnte weitermachen in diesem Stil. Die nicht gewählte Regierung hat in wenigen Monaten mehr getan gegen Bestechung und Vetternwirtschaft in Bulgarien als gewählte Regierungen in vielen Jahren.
Nach den Wahlen am Sonntag sieht es nun wieder so aus, als wäre niemand beim Volk beliebt genug, um zu regieren. Also bleibt die nicht gewählte Regierung wohl im Amt, bis die Politik sich einigt oder nochmal gewählt wird – und das ist eine gute Nachricht für die vielen Bulgarinnen und Bulgaren, die sich weniger Korruption wünschen. Jedenfalls war schon lange keine Regierung mehr so beliebt wie die nicht gewählte.