- Staatschef Alexander Lukaschenko hat nach tagelangen Massenprotesten in Weissrussland Verfassungsänderungen vorgeschlagen, die zu Neuwahlen führen könnten.
- «Wir brauchen eine neue Verfassung», sagte Lukaschenko gemäss dem weissrussischen Staatsfernsehen, welches einen entsprechenden Ausschnitt zeigte. «Dazu müssen wir aber ein Referendum abhalten.»
- Erst mit einer neuen Verfassung könnte es, falls gewünscht, neue Abstimmungen für den Posten des Präsidenten, des Parlaments und andere wichtige Ämter geben. Zuvor lehnte er Neuwahlen kategorisch ab.
- Seit Lukaschenkos Wiederwahl kommt es landesweit zu Demonstrationen. Seine Gegner haben zu neuen Streiks aufgerufen.
Er sei bereit einen Kompromiss zu finden, aber nicht unter dem Druck von Protesten, sagte Lukaschenko zuvor.
Die Wahlkommission hatte Lukaschenko nach der Abstimmung 80.1 Prozent der Stimmen zugesprochen. Swetlana Tichanowskaja soll nur 10 Prozent erhalten haben. Ihre Anhänger halten sie für die rechtmässige Siegerin der Wahl und gehen von massiven Manipulationen aus.
Lukaschenko hatte am Sonntag Fälschungsvorwürfe bei der Präsidentenwahl vor gut einer Woche zurückgewiesen.
Landesweite Streiks und Proteste
Zu Wochenbeginn traten Arbeiter in vielen Staatsbetrieben in den Streik. Die Fabriken gelten in der Ex-Sowjetrepublik als elementar für das Funktionieren des Staates. Experten gehen davon aus, dass Lukaschenko über die Arbeitsniederlegungen nach 26 Jahren an der Macht am schnellsten zum Aufgeben gedrängt werden kann.
Auch das Staatsfernsehen hatte am Montag Sendeprobleme, weil Mitarbeiter entweder streikten oder prominente Moderatoren gekündigt haben. Für den Abend war in der Hauptstadt Minsk eine neue Grosskundgebung geplant. Bereits am Sonntag demonstrierten im Stadtzentrum Hunderttausende gegen Gewalt und Willkür unter Lukaschenko. Viele forderten auch seinen Rücktritt und Neuwahlen.
Tichanowskaja ist «bereit, das Land zu führen»
Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja hat derweil ihre Bereitschaft zur Machtübernahme signalisiert. Sie sei bereit, ihr Land zu führen, sagte sie in einer Videoansprache.
Zugleich sprach sie sich dafür aus, den rechtlichen Rahmen für neue und faire Wahlen zu schaffen. An den Sicherheitsapparat ihres Heimatlandes appellierte sie, sich von der Regierung Lukaschenko zu lösen und die Seiten zu wechseln.
Internationale Unterstützung für Opposition
Auch im Ausland werden die Stimmen gegen Lukaschenko lauter. So erkennt Grossbritannien das Wahlergebnis nicht an. Der britische Aussenminister Dominic Raab sprach von «Betrug» und «schweren Mängeln». Er forderte eine Untersuchung und drohte, gemeinsam mit anderen Ländern Sanktionen zu beschliessen.
Auch seitens der EU erhält die Opposition Unterstützung. «Die Europäische Union muss weiterhin für die hunderttausenden Demonstranten mobilisiert werden, die friedlich für die Achtung ihrer Rechte, Freiheit und Souveränität protestieren», sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron via Twitter. Ebenso rief der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zur Hilfe für die Opposition in Weissrussland auf.