Was sagen die Umfragen? Präsident Andrzej Duda aus dem Lager der rechtskonservativen Regierungspartei PiS gewinnt laut Umfragen die erste Runde am Sonntag 28. Juni, muss aber wohl zwei Wochen später in eine Stichwahl. Dort dürfte er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit seinem Herausforderer Rafal Trzaskowski von der Bürgerplattform (PO) liefern.
Was lief schief für Andrzej Duda? Die grösste polnische Oppositionspartei hat nach der Verschiebung der Wahl wegen der Coronakrise ihre glücklose Kandidatin ausgewechselt und den Warschauer Stadtpräsidenten Rafal Trzaskowski ins Rennen geschickt. Obwohl ihm die Regierungsmehrheit nur wenige Tage eingeräumt hat, um die nötigen Unterschriften zu sammeln, ist diesem bis jetzt ein erfolgreicher Wahlkampf gelungen. Andrzej Duda hingegen patzt. Abschätzige Kommentare über Homosexuelle haben ihm weitherum Kritik eingebracht.
Was macht sein Herausforderer anders? Rafal Trzaskowski führt einen betont anständigen Wahlkampf. Auf Beleidigungen durch Präsident Duda reagiert er betont gelassen. «Wir haben genug» ist sein Wahlkampfmotto. Damit punktet er bei den vielen Polinnen und Polen, die genug haben von der Gehässigkeit in der polnischen Politik und einen Präsidenten wollen, der über dem politischen Alltagsgezänk steht.
Kommt der Grossstädter Trzaskowski auch bei der konservativen Landbevölkerung an? Seine Machtbasis hat der Warschauer Trzaskowski, der in Paris und Oxford studiert hat und fünf Sprachen spricht, in den polnischen Grossstädten. Eine gewisse Abgehobenheit gilt als seine grösste Schwäche. Aber auch Trzaskowski ist kein Linker. Bei in Polen umstrittenen Themen wie der Homo-Ehe oder der Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare, ist auch er zurückhaltend.
Wie fair ist der Wahlkampf? Unfair. Die Regierung tut viel, um Andrzej Duda zur Wiederwahl zu verhelfen. Besonders augenfällig ist die Unterstützung durch das Staatsfernsehen TVP. Obwohl der Sender eigentlich ausgewogen berichten müsste, sendet er über Präsident Duda eine Lobhudelei nach der anderen. Über seinen wichtigsten Herausforderer berichtet TVP ausschliesslich kritisch und streut immer wieder Falschinformationen. So wird behauptet, er diene den «Interessen einer mächtigen ausländischen Lobby». Oder er wolle Polen von Juden ausrauben lassen, weil er nicht kategorisch dagegen ist, dass Warschau Juden für erlittenes Unrecht im Zweiten Weltkrieg entschädigt.
Was ändert sich in Polen, wenn ein Oppositionspolitiker Präsident wird? Für die rechtskonservative Regierung würde es sehr viel schwieriger, Polen weiter nach ihren Vorstellungen umzubauen. Der Präsident kann nämlich Gesetze mit einem Veto verhindern. Pläne, die polnischen Gerichte noch mehr auf Regierungskurs zu bringen, oder Pläne, nach den staatlichen auch die privaten Medien unter Druck zu setzen, wären kaum mehr umsetzbar.