Eiskalter Mord: Das ist im Falle von Fernando Puron keine Floskel, sondern bittere Realität. Zu sehen ist das Ganze auf einem Überwachungsvideo. Puron, im Wahlkampf für ein Abgeordnetenmandat im Bundesparlament, steht vor der Universität von Coahuila; eine Frau macht ein Selfie mit ihm.
Dann zieht ein Mann mit Baseballkappe eine Waffe, schiesst dem Politiker aus wenigen Zentimetern Entfernung in den Kopf. Der Mann geht ruhig weg, verschwindet unerkannt. Unschwer sind aber seine Auftraggeber zu erraten.
Drogenkartelle mischen mit
Wenige Minuten vor dem tödlichen Schuss – auf dem Video ist es nur ein kurzer Blitz – hatte Puron in einer Debatte geschildert, wie er als Bürgermeister von Piedras Negras das organisierte Verbrechen bekämpfte, das Zeta-Kartell: «Wir haben die Geschäfte dieser Verbrecher geschlossen und die Häuser zerstört, in denen sie gewohnt haben.»
Den Kriminellen stelle man sich ohne Angst entgegen, sagte Puron. Noch am selben Abend war er tot. Eine typische Wahlkampfszene in Mexiko.
Bereits 128 Politiker ermordet
48 Kandidaten, vor allem für Bürgermeisterposten, sind getötet worden, seit im September der Wahlkampf begann. Hinzu kommen 80 Morde an amtierenden und ehemaligen Amtsträgern. Insgesamt sind es 128 politische Mordopfer. Die Präsidentin des Obersten Wahlgerichtes appellierte an Justiz und Sicherheitskräfte, Kandidaten besser zu schützen. Nahezu hilflos.
Morde im Wahlkampf sind zwar kein neues Phänomen in dem Land, aber die Dimension war bislang unvorstellbar. Ein Grund ist die Zersplitterung des organisierten Verbrechens in viele kleine Banden, die sich bekämpfen und Ortschaften an sich binden wollen, indem sie Einfluss auf die Politiker nehmen. Dies nach dem berüchtigten Motto: «Plata o Plomo», Geld oder Blei. Das heisst, entweder man nimmt das schmutzige Geld und macht mit, oder man wird erschossen.
Mit der Polizei unter einer Decke
Wer sich den Banden entgegenstellt oder mit einer konkurrierenden anbandelt, landet auf der Todesliste. Der mexikanische Staat hat in vielen Gegenden der gefährlichsten Bundesstaaten längst aufgegeben.
Oder Politiker und Polizisten sind zu Komplizen geworden. In Ocampo im Bundesstaat Guerrero war auch ein Bürgermeisterkandidat erschossen worden. Wenige Tage später wurden alle 28 Polizisten des Ortes festgenommen: Verdacht auf Mittäterschaft.