Die «Eiserne Dame», so nennt die Pariser Bevölkerung ihr Wahrzeichen respektvoll, bekommt neue Kleider. Seit dem Bau für die Weltausstellung von 1889 wird die Stahlkonstruktion alle sieben Jahre neu gestrichen. Dabei wechselte sie jedes Mal den Farbton: Dem dunklen Rot der Eröffnungszeit folgte 1892 blasses Ockergelb, später Gelb-Orange – seit den späten 1960er-Jahren dominiert Braun.
Derzeit bekommt die «Eiserne Dame» zum zwanzigsten Mal einen neuen Anstrich. Der neue Farbton ist Braun-Gelb, ähnlich wie Gold – passend zu den Olympischen Spiele also. Die Arbeiten sollen insgesamt drei Jahre dauern. Die Maler tragen auf einer Oberfläche von knapp 260'000 Quadratmetern Stahl 60 Tonnen neue Farbe auf.
Den regelmässige Garderobe-Wechsel ordnete bereits Schöpfer Gustave Eiffel an. Allerdings dachte Ingenieur Eiffel nicht an Kosmetik: Er wollte die Stahlkonstruktion vor Rost schützen, ihrem schlimmsten Feind, wie Eiffel selber schrieb.
Berichte über Mängel im Unterhalt
Die Stadt Paris als Besitzerin der «Eisernen Dame» hat diese Warnungen offenbar zu wenig ernst genommen. Und dies nicht erst seit gestern, wie das Nachrichtenmagazin «Marianne» schreibt: Der Eiffelturm sei in einem bedenklich schlechten Zustand, habe bereits 2010 ein interner Bericht an die Betreibergesellschaft festgehalten. Der Anstrich weise überall Rost und Risse auf, Stellen also, wo sich neuer Rost bilden werde.
Vier Jahre später warnte ein weiterer Bericht erneut vor Mängeln im Unterhalt. Selbst wenn der schlechte Zustand der Rostschutzfarbe von Auge nicht erkennbar sei. Wie «Marianne» schreibt, habe später eine Expertise diesen Befund bestätigt. Sie habe rund 900 schadhafte Stellen bezeichnet – 70 davon würden das Bauwerk langfristig gefährden.
Alte Farbe nur auf rund fünf Prozent der Oberfläche abgetragen
Mit dem aktuellen Farbenwechsel werden diese Probleme nicht behoben: Das Bauprogramm ist im Rückstand, einer langen Pandemie-bedingten Pause und zusätzlichen Verzögerungen. So wird die alte Farbe nur auf rund fünf Prozent der Oberfläche abgetragen, wie von Eiffel vorgeschrieben. Der Rest wird einfach übermalt, damit das Wahrzeichen rechtzeitig für die Olympischen Spiele in goldenem Glanz strahlen kann.
Spätestens beim nächsten Kleiderwechsel in sieben Jahren müsste die Sanierung gründlicher sein. Wenn der Rost die Stahlkonstruktion weiter zerfressen kann, steht zu viel auf dem Spiel: Der Eiffelturm ist in Paris nicht nur der zweitstärkste Touristenmagnet nach dem Louvre. Der Eiffelturm ist das Wahr- und Markenzeichen nicht nur für Paris, sondern ganz schlicht gesagt für Frankreich. Die «Eiserne Dame» ist Gold wert – in diesem Sinne hat der Turm für die nächsten Jahre genau die richtige Farbe.