Eine Welt, die zu grossen Teilen gelähmt ist. Milliarden von Menschen, die in Angst leben. Was das Coronavirus bewirkt, ist eine Wunschvorstellung von Terroristen, gewaltbereiten Milizen, Kriminellen oder Spinnern.
Davor warnte auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres im UNO-Sicherheitsrat in einer Sitzung hinter verschlossenen Türen. «Nicht-staatliche Gruppen könnten Zugang zu aggressiven Virenstämmen erhalten – mit verheerenden Auswirkungen auf die ganze Welt», so Guterres.
Angst und Schrecken verbreiten
Der UNO-Generalsekretär übertreibe keineswegs, findet Filippa Lentzos, Spezialistin für Biowaffen beim King's College in London und am Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri. Zwar sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass Terroristen gleich an raffinierte biologische Waffen herankämen, doch falls das geschähe, wären die Folgen gravierend.
Ähnlich sieht das Botschafter Félix Baumann. Er vertritt die Schweiz in der ständigen UNO-Abrüstungskonferenz, bei der es auch um biologische Waffen geht. Zugleich schränkt er ein: «Um in einem Labor Viren herzustellen, braucht es sehr grosses Fachwissen.» Allerdings liesse sich selbst mit wenig ausgeklügelten Bio-Kampfstoffen eine Massenpanik verbreiten.
Betreiben Staaten geheime Biowaffen-Projekte?
Nicht auszuschliessen sei auch, dass die Quelle für solche Waffen letztlich in wohldotierten staatlichen Laboratorien zu finden wäre. Auch das habe der UNO-Generalsekretär gemeint, wenngleich er es nicht offen sagte.
Wie gefährlich Biowaffen für die Menschheit sein können, ist längst erkannt. Bereits auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges trat deshalb eine internationale Konvention in Kraft, die Entwicklung, Herstellung, Lagerung und den Einsatz von Biowaffen weltweit verbietet. Mit wenigen Ausnahmen haben sich ihr alle Länder angeschlossen.
Tatsächlich betreibt – gemäss den öffentlich zugänglichen Quellen – derzeit kein einziges Land ein offensives Biowaffenprogramm. Und anders als bei Atomwaffen käme es keiner Regierung in den Sinn, sich mit dem Besitz biologischer Waffen zu brüsten. Allerdings arbeiten immer mehr Länder, ganz legal, an Programmen zur Verteidigung und zum Schutz gegen Biowaffenangriffe.
Das Problem: Zwischen offensiven und defensiven Biowaffenprogrammen gibt es nur eine dünne Linie, wie bei anderen Waffengattungen auch. Wer sich besser verteidigen kann, weiss auch mehr, wie man attackieren könnte.
Konvention hat Schlupflöcher
Das weltweite Biowaffenverbot von 1975 ist zwar streng formuliert, doch es bietet Schlupflöcher. So fehle ein rechtlich verbindlicher Kontrollmechanismus, sagt Botschafter Baumann. Diese Lücke ist bekannt. Bloss: Versuche, die Konvention auszubauen und griffiger zu machen, scheiterten bereits Anfang des Jahrhunderts. «Seither sind alle Versuche erfolglos geblieben».
Man beschränkt sich nun darauf, wenigstens vertrauensbildende Massnahmen zu etablieren, für die sich nicht zuletzt die Schweiz engagiert. Bisher jedoch mit mässigem Erfolg. Offen ist, ob sich das angesichts der aktuellen weltpolitischen Spannungen ändert. Zumal die Coronakrise vor Augen führt, wie verheerend die Biologie und aus ihr entwickelte Kampfstoffe sein können.