Elizabeth Warren ist volksnah und intellektuell und kann einfach erklären, was sie akademisch erforscht hat. Die Professorin für Wirtschaftsrecht studierte, wie Gesetze und Regeln in den USA das Leben der kleinen Leute beeinflussen. Ihr Fazit: das «System» benachteiligt die Mittelklasse. Das treibt Warren an.
Die einst Konservative wendete sich von den Republikanern ab und wechselte zu den Demokraten. Nach der Finanzkrise war sie eine einflussreiche Stimme bei der Bankenregulierung, seit 2012 ist sie Senatorin für Massachusetts. Und weil sie Grosskonzernen noch besser auf die Finger schauen will, wird sie schon mal als «Schrecken der Wall Street» bezeichnet.
In einfachen Verhältnissen aufgewachsen
Warren ist auch angetrieben von ihrer eigenen Geschichte. Von einer Kindheit, in der ihre Familie finanziell zu kämpfen hatte und nur dank der Arbeit der Mutter durchkam. «Sie kommt aus einer staubigen kleinen Stadt in Oklahoma. Ihr Vater verkaufte Teppiche.» Sie wisse selbst, wie es sei, von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck zu leben, und verstehe die Sorgen, die so viele Menschen in diesem Land hätten, meint Antonia Felix, die eine Biografie über Warren verfasst hat.
Als Mutter zweier Kinder Recht zu studieren, zu wenig Geld für Kinderbetreuung zu haben, auch das habe sie geprägt. Sie schaffte es schliesslich in einer von Männern dominierten Welt bis zur Professorin an der renommierten Harvard-Universität.
Trump gab ihr den Übernamen «Pocahontas»
Ein Stolperstein für Warren könnte die Kontroverse um ihre Herkunft sein. Sie behauptete einst, von amerikanischen Ureinwohnern abzustammen. Präsident Trump gab ihr prompt den Übernamen «Pocahontas» und forderte sie auf, einen DNA-Test zu machen. Warren machte den Test, doch der Schuss ging nach hinten los.
Erstens wies er nur eine sehr entfernte Abstammung von Ureinwohnern nach, denn Warren ist 95 Prozent europäischer Abstammung. Zweitens brüskierte er Stammesangehörige, die einen solchen Test als Zugehörigkeitsbeweis zu ihrem Stamm als Affront sehen. Biografin Felix: «Warren hat zugegeben, dass sie falsch lag, als sie sagte, dass diese entfernte Herkunft ihre Identität geprägt hätte.» Sollte sich Warren als Kandidatin der Demokraten durchsetzen, wirdTrump das aber zu einem grossen Thema machen.
Im breiten Feld von 19 Kandidierenden hat Warren in den letzten drei Monaten am stärksten zulegen können. Hinter Ex-Vizepräsident Joe Biden, der klar führt, liegt sie Kopf-an-Kopf mit Bernie Sanders an zweiter Stelle.
Sie führt einen emotionalen Wahlkampf und bringt inhaltlich Substanz. «Warren has a plan for everything», ist längst zur prägenden Phrase ihres Wahlkampfes geworden: Von der Reichensteuer über die Aufspaltung grosser Techfirmen, zur staatlichen Einheitskrankenkasse, kostenlosen öffentlichen Colleges, der umfassenden Immigrationsreform, zu allem gibt es Pläne und klare Positionen.
Es ist gut möglich, dass Warren in nächster Zeit noch weiter zulegen kann. Biden und Sanders hinter sich zu lassen, wird aber nicht einfach. Mit Sanders ist sie bei vielen Themen praktisch deckungsgleich.
Beide buhlen um die Gunst der Parteilinken und werden sich gegenseitig Stimmen wegnehmen, was wiederum dem moderateren Biden helfen könnte. Aber es ist noch früh. Und es kann noch viel passieren.
Die US-Präsidentschaftskandidaten der Demokraten
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Bild 1 von 8. Kandidierend: Joe Biden. Joe Biden gehört zu den bekanntesten Kandidaten seiner Partei: Von 2009 bis 2017 war er unter dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama Vizepräsident des Landes. Der 77-Jährige gilt als Kandidat der Mitte und ist gerade für gemässigte Wähler der Republikaner eine mögliche wählbare Alternative. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 8. Kandidierend: Bernie Sanders. Der Zweitplatzierte bei den Vorwahlen der Demokraten von 2016 kann auf einen grossen Bekanntheitsgrad zählen. Der 78-jährige Senator aus Vermont bezeichnet seine Politik als «Democratic Socialism». Er befürwortet eine Mischform aus Marktwirtschaft und sozialen Leistungen durch den Staat. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 8. Kandidierend: Tulsi Gabbard. Die 38-jährige Kongressabgeordnete ist auf dem Überseeterritorium Amerikanisch-Samoa zur Welt gekommen. Sie wuchs in Hawaii auf und verfolgte zunächst eine militärische Karriere. Sie nahm am Irakkrieg teil und bekleidet den Grad einer Majorin. Gabbard ist praktizierende Hindu und zählt eher zum linken Flügel der Demokraten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 8. Aufgegeben: Michael Bloomberg. Lange wurde gerätselt, ob New Yorks Ex-Bürgermeister für die Demokraten antreten möchte. Anfang November ist er nun ins Rennen gestiegen. Milliardär Bloomberg will seine Kampagne selbst finanzieren. Der 77-Jährige gilt wie Biden als Kandidat des Establishments. Er sieht in Präsident Trump eine existenzielle Gefahr für die USA. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 8. Aufgegeben: Elizabeth Warren. Die 70-jährige Juristin aus Oklahoma vertritt Massachusetts als Senatorin in Washington. Sie befürwortet eine linke Wirtschaftspolitik und fordert eine Millionärssteuer. Eine Kontroverse entbrannte über ihre Herkunft: Warren berief sich oft auf indianische Wurzeln. Ein DNA-Test wies nach, dass diese einen nur geringen Anteil ausmachen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 8. Aufgegeben: Pete Buttigieg. Der 38-jährige Pete Buttigieg stieg vom völlig unbekannten schwulen Bürgermeister in Indiana zu einem aussichtsreichen Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur auf. Buttigieg kommt nicht aus dem Washingtoner Kuchen, sein Vater stammt aus Malta. Am 1. März zog Buttigieg seine Bewerbung zurück. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 8. Aufgegeben: Amy Klobuchar. Die Senatorin aus Minnesota hat einen Vater slowenischer und eine Mutter schweizerischer Herkunft. Die 59-Jährige hat einen Bachelor in Politikwissenschaften. Am 2. März gab Klobuchar die Präsidentschaftsbewerbung auf und stellt sich fortan hinter Joe Biden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 8. Aufgegeben: Tom Steyer. Milliardär und Ex-Hedge-Fonds-Manager Tom Steyer ist langjähriger Unterstützer der Demokraten. Der 62-Jährige setzt sich seit Jahren für den Umweltschutz ein. Er hatte in seiner Präsidentschaftskampagne die Amtsenthebung von Präsident Donald Trump gefordert. Am 29. Februar zog Steyer seine Bewerbung um die Kandidatur zurück. Bildquelle: Reuters.