Der Colorado-Strom versorgt 40 Millionen Menschen mit Wasser, von Denver über Phoenix bis Los Angeles. Doch jetzt wird das Wasser knapp, weil es in den Rocky Mountains wegen der Klimaerwärmung immer weniger schneit – nun schon seit zwanzig Jahren. «Die Lage verschlimmert sich jedes Jahr», sagt Zane Kessler von der Wasserplanungsbehörde Colorado River Water Conservation District gegenüber SRF.
Wasserverteilung per Notordnung
«Es droht eine existenzielle Wassernot.» Das Blue-Mesa-Reservoir hoch oben in den Rocky Mountains wurde diesen Sommer per Notverordnung aus Washington bis auf ein Drittel geleert, damit die Bevölkerung sowie Utah, Nevada, Arizona und Kalifornien noch genügend Wasser erhalten.
Im Elk-Creek-Hafen müssen alle Motorboote an Land gebracht werden, das Wasser ist zu seicht. Hafenbetreiber Eric Loken ist wütend: «Wir wissen, dass das Wasser knapp ist, aber wenn wir unser Wasser in die Wüste schicken müssen, wo es verdampft, dann kommt das hier nicht gut an.» Für ihn ist klar, so kann das nicht weitergehen. Es müsse Wasser gespart werden, aber nicht hier in Colorado, sondern in Arizona.
«Das wird ein Theater geben, wenn die Leute in Arizona nicht mehr üppige Rasenflächen bewässern könnten», sagt Eric Loken zynisch. Tatsächlich hat Arizona den Wasserverbrauch für die Bauern erstmals rationiert.
Verteilkampf um die Ressource Wasser beginnt
Wenn sich die Dürre fortsetzt, was die Wissenschaft voraussagt, dann wird sich der Verteilkampf um die knappe Ressource intensivieren. Was der Südwesten der USA erlebe, sei der Anfang einer Klimakatastrophe, sagt der Umweltwissenschafter Jeff Sellen von der Western Colorado University. «Die Reservoire haben wie ein Bankkonto funktioniert, in trockenen Jahren hat man einen Bezug machen können.» Doch nun sei das Konto zusammengeschmolzen.
Geht die Dürre weiter, wie die Wissenschaft voraussagt, dann beginnt bald ein Verteilkampf zwischen den US-Staaten, die vom Wasser aus den Bergen Colorados abhängig sind. Bis im Jahr 2026 müssen die sieben betroffenen US-Staaten einen neuen Wasserversorgungs-Vertrag aushandeln. Der alte Colorado River Compact stammt aus dem Jahr 1922. Damals lebten in Phoenix 30'000 Menschen, heute sind es 1.6 Millionen.
Die Angst vor der künftigen Wasserknappheit ist bei den Bäuerinnen und Bauern gross. Die Rinderzüchterin Kathleen Curry aus Gunnison sass 12 Jahre lang im Parlament von Colorado und lobbyiert nun für die Wasserrechte der Bauern von Colorado.
Sie sieht die Zukunft der Landwirtschaft in akuter Gefahr. «Landwirtschaftliche Wasserverbraucher werden sich gegen die städtischen, bevölkerungsreichen Regionen kaum wehren können», sagt Kathleen Curry.
Zwar besässen die Bauern die ältesten Wasserrechte am Colorado-Fluss, aber die Landregionen hätten nicht das nötige politische Gewicht, um diese Rechte in Zukunft zu retten.
Spekulative Landkäufe um Wasserrechte
Die einen fürchten sich vor der Wassernot, die andern sehen sie als Chance. Der Wall-Street-Investment-Fund «Water Asset Management» (WAM) beispielsweise kauft im grossen Stil Land mit alten Wasserrechten auf.
Dagegen regt sich im Parlament von Colorado Widerstand. Eine offizielle Arbeitsgruppe hat festgestellt, dass die Landkäufe spekulativ sein könnten. Spekulation mit Wasser ist im Bundesstaat Colorado verboten.
«Es gibt Investoren, die Land und Wasserrechte kaufen, mit der Hoffnung, finanzielle Gewinne zu machen, wenn dieses knapp wird», sagt Peter Fleming, Rechtsberater des River Water Conservation Districts und Mitglied der Arbeitsgruppe gegen Spekulation, gegenüber SRF am Rande eines Wasser-Kongresses in Steamboat, Colorado.
Anwalt James Eklund vertritt die Interessen des Investment-Fonds WAM. Er spricht von einer Verteufelung seiner Klienten.
Es gehe vielmehr darum, die Wasserknappheit mit allen Kräften zu bekämpfen. Dazu brauche es privates Kapital. «Die Krise ist real. Noch nie hat man die Wasserreservoire dermassen leeren müssen wie in diesem Sommer.» Eklund verneint, dass es WAM bei den Landkäufen bloss um die Wasserrechte gehe. «Es geht meinen Klienten darum, gutes landwirtschaftliches Land zu kaufen mit guten Wasserrechten, wie man sie im trockenen Westen eben benötigt.»
Das Ziel sei es, die Profitabilität des Landes zu erhöhen. «Meine Klienten investieren langfristig in Colorados Landwirtschaft», sagt Eklund.
Landkäufe stossen auf Widerstand
Das sieht der Wasser-Politiker Steve Acquafresca, Vorstandsmitglied der Wasserplanungsbehörde Colorado River Water Conservation District, anders. Er lebt in Grand Junction, wo zahlreiche WAM-Landkäufe Aufmerksamkeit erregten.
«Die Investoren wetten darauf, dass das Wasser im Westen der USA dermassen knapp wird, dass man die Gesetze abändert und private Wasserverkäufe an bevölkerungsreiche Regionen wie Kalifornien erlauben wird», so Acquafresca. Dann winke den Investoren ein Riesenprofit.
Dass WAM im Grand Valley an der Grenze zu Utah Land kaufe, sei strategisch. «Die Grenzbezirke verfügen über alte und umfangreiche Wasserrechte, und das Wasser fliesst direkt in die grossen Reservoire». Er glaubt, dass strikte Gesetze die Wasser-Spekulation verbieten sollten. Denn Wasser sei wie Sauerstoff, es gehöre allen.
Selbst er als Besitzer von Wasserrechten dürfe das Wasser lediglich nutzen, während es vorbeifliesse. «Und das muss so bleiben, gerade weil das Wasser knapp wird», sagt Steve Acquafresca.