- Die EU-Kommission verklagt Ungarn wegen mutmasslicher Verstösse gegen EU-Recht gleich zweimal vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).
- Dabei geht es zum einen um ein Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homosexualität und Transsexualität.
- Der andere Fall betrifft das Vorgehen der ungarischen Behörden gegen den unabhängigen Radiosender Klubradio.
Die EU-Kommission überwacht die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in der Staatengemeinschaft. Sollte Ungarn sich nicht an die nun zu erwartenden EuGH-Urteile halten, drohen hohe Geldstrafen. Kritiker werfen dem rechtsnationalen Regierungschef Viktor Orban schon lange vor, neben den Rechten von Minderheiten auch demokratische Institutionen und die Pressefreiheit auszuhöhlen, sich die Justiz Untertan gemacht zu haben und Ressentiments gegen Ausländer zu schüren.
Das Homosexuellen-Gesetz hatte Orban schon im vergangenen Jahr heftigen Gegenwind in der EU beschert. «Dieses ungarische Gesetz ist eine Schande», sagte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen damals. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte machte deutlich, dass er für Ungarn keinen Platz mehr in der EU sieht, wenn die Regierung in Budapest so weitermacht.
Gleiches gilt für das Vorgehen gegen das Klubradio, den wohl letzten professionellen unabhängigen Radiosender des Landes. Der Sender musste im Februar 2021 den UKW-Sendebetrieb einstellen, weil die regierungsabhängige Medienbehörde die Sendelizenz nicht verlängert hatte. Seit dem Amtsantritt des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Orban 2010 war der private Sender regelmässig Repressionen seitens der Medienbehörde ausgesetzt. Unter anderem durfte er vor dem Lizenz-Entzug nur noch im Grossraum Budapest senden. Derzeit verbreitet das Klubradio sein Programm nur noch über das Internet – allerdings mit deutlich geringerer Reichweite.
Die EU-Kommission begründete die EuGH-Klage damit, dass Ungarn die Regeln zur Verlängerung der Sendefrequenz in einer unangemessenen und diskriminierenden Weise angewendet habe.
EU geht im Benzinstreit gegen Ungarn vor
Derweil hat die EU-Kommission im Streit über unterschiedliche Benzinpreise für inländische und ausländische Fahrzeuge rechtliche Schritte gegen Ungarn eingeleitet. Die Praxis, Fahrzeuge mit ausländischen Nummernschildern von vergünstigtem Tanken auszuschliessen, sei unzulässig, erklärte Industriekommissar Thierry Breton. Ein derartiger Schritt störe den einheitlichen EU-Binnenmarkt als Mittel zur Bewältigung von Krisen und Instabilität.
Angesichts hoher Spritpreise subventioniert Ungarn das Tanken, schliesst aber unter anderem Lastwagen mit ausländischen Autonummern und mehr als 3.5 Tonnen Gewicht davon aus.