Nimrud: Die antike Stadt ist über 3'000 Jahre alt. Gegründet von den Assyrern, war sie zeitweise Hauptstadt des Reichs. Ein grosser Teil der Gemäuer widerstand dem Zahn der Zeit – aber nicht den plündernden und mordenden Horden des IS. Das scheinen zumindest Propagandavideos der Terrormiliz zu belegen.
Wo das Rad erfunden wurde
Das Entsetzen und der Aufschrei sind gross über die Zerstörung der antiken Städte Nimrud, Hatra und Chorsabad im Norden des Iraks. Auch beim Archäologen Mirko Novák, dessen Spezialgebiet die Archäologie Mesopotamiens ist, dem Land zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris. Zu diesem gehören Gebiete in der Südosttürkei, im Nordosten Syriens, wo er selbst an Ausgrabungen beteiligt war, im Irak, dem Nordosten Kuweits und dem Westen Irans.
Ein riesiges Gebiet, in dem vieles entstand, was die Menschheit in die Moderne führte: Das Rad ist nur ein Beispiel. Und genau diese Erinnerung an eine Zeit der Aufklärung, an die Anfänge der Moderne, wollen religiöse Fanatiker zerstören, ja richtiggehend auslöschen. Die Zerstörung des Menschen und dann ihres kulturellen Erbes, das haben Anhänger verschiedener Ideologien propagiert. Von Christen, die römische und griechische Statuen zerschlugen, über die Osmanen, die den Heiligen auf Ikonen und Fresken die Augen ausstachen, bis zu den Nationalsozialisten, die Bücher verbrannten und Bilder zerstörten. Dem Menschen seine Kultur, sein Erbe zu nehmen, hat System.
Noch ist nicht alles verloren...
Die IS-Kämpfer werde man kaum so schnell aufhalten können, meint Mirko Nóvak im «Tagesgespräch». Aber man könne einerseits den Handel mit gestohlenen Kulturgütern erschweren, mit Verboten und Gesetzen, die eine Beschlagnahmung von verdächtigen Artefakten an Flughäfen ermöglichten. Und man könne für die Zeit danach planen: indem man Iraker und Syrerinnen hier ausbilde. So könnten sie, wenn die Kriege vorbei seien, das vielleicht retten, was von der Zerstörungswut noch übriggeblieben ist. Damit würden sie ein Stück ihrer eigenen Geschichte bewahren.