- Der britische Brexit-Minister David Frost hat seinen Rücktritt erklärt. Er war für die britischen Beziehungen zur Europäischen Union (EU) zuständig.
- Frost hatte am Samstagabend einen Brief an Premier Boris Johnson geschickt. Dieser bedauerte den Schritt und schrieb, Frost solle stolz auf seine historischen Dienste für die Regierung sein.
- Er sei traurig, dass sich die Aufhebung der Covid-Beschränkungen nicht wie versprochen als «unumkehrbar» erwiesen habe, so Frost in seinem Abschiedsbrief.
Der bislang für die Beziehung zur EU zuständige Minister schickte am Samstagabend einen Brief an Johnson, der weitere Schockwellen in Westminster auslöste. Er habe beschlossen, «mit sofortiger Wirkung» zurückzutreten, nachdem die Nachricht von seinem eigentlich erst im Januar geplanten Rücktritt bekannt geworden sei, schreibt Frost darin.
«Der Brexit ist jetzt abgesichert»
«Es ist enttäuschend, dass dieser Plan heute Abend bekannt geworden ist. Und unter den Umständen halte ich es für richtig, schriftlich meinen sofortigen Rücktritt zu erklären.» Johnson bedauerte den Schritt und schrieb, Frost solle stolz auf seine historischen Dienste für die Regierung sein.
«Der Brexit ist jetzt abgesichert», hält Frost in seinem Abschiedsbrief fest. Aber: «Die Herausforderung für die Regierung besteht nun darin, die Chancen zu nutzen, die er uns bietet.» Er habe «Bedenken» wegen des aktuell eingeschlagenen Weges.
Unzufrieden mit Corona-Politik
Damit spricht der konservative Politiker vielen Hinterbänklern seiner Partei aus dem Herzen. Er sei traurig, dass sich die Aufhebung der Covid-Beschränkungen nicht wie versprochen als «unumkehrbar» erwiesen habe, bekennt Frost. «Ich hoffe, dass wir bald wieder auf den richtigen Weg kommen.»
Für Johnson war das wohl die zweite schlechte Nachricht der Woche. Erst am Freitag musste er eine Niederlage bei einem wichtigen Stimmungstest einstecken. Bei einer Nachwahl für einen Sitz im Unterhaus im ländlichen North Shropshire setzte sich überraschend die Kandidatin der Liberaldemokraten Helen Morgan durch. Damit ging für die Tories eine Region verloren, die sie seit fast 200 Jahren fest in der Hand hatten.
Weiterhin viele Streitpunkte
Frost ist auch Mitglied im britischen Oberhaus und hatte mit seinem französischen Gegenüber Michel Barnier, der die EU vertrat, im vergangenen Jahr in letzter Minute den Brexit-Handelspakt ausgehandelt. Dieser ermöglicht auch nach dem Austritt des Landes aus der Europäischen Union weitgehend zollfreien Handel zwischen Grossbritannien und der EU. Allerdings gibt es weiterhin viele Hürden, Probleme und Streitpunkte.
In den verhakten Gesprächen darüber, die Frost in den vergangenen Monaten mit EU-Kommissionsvize Maros Sefcovic geführt hat, waren beide Seiten zuletzt etwas aufeinander zu gekommen. Von der Lösung aller Probleme ist man aber noch immer meilenweit entfernt.
In Brüssel dürfte man Frost, der für seine harte Brexit-Linie berüchtigt war, wenig vermissen. Ob Aussenministerin Liz Truss, die künftig mit Brüssel über Nordirland verhandeln wird, kompromissbereiter sein wird, ist fraglich. Johnson übertrug ihr am Sonntagabend die Verantwortung für die Beziehungen zur EU.