Zum Beispiel Syrien: Die Mittel für die Nothilfe stünden bereit. Der Wille, zu helfen, wäre vorhanden. Trotzdem können momentan Hunderttausende von notleidenden Menschen nicht erreicht werden. Der Grund: Weil die Regierung ganze Städte, wo hauptsächlich Regimegegner leben, abschnürt. Weil die Not dort seit Jahren als Waffe im Bürgerkrieg eingesetzt wird. Wiederum ist in anderen Konflikten nicht böser Wille im Spiel – vielmehr verhindern Naturereignisse oder Kriegshandlungen den Zugang zu den Opfern.
Natürlich spielt Geld auch eine Rolle, beziehungsweise der Mangel an Geldern, vor allem in langwierigen politischen Konflikten. Aber es gehe eben nicht nur ums Finanzielle, sagt Eljadj As Sy, der Generalsekretär der Rotkreuzgesellschaften, in denen sich 17 Millionen freiwillige Helfer in 190 Ländern engagieren.
Oft fehlen grundlegende Informationen
Gewiss ist es ein Problem, dass nach UNO-Nothilfeaufrufen im Schnitt nur gut 50 Prozent der benötigten Mittel tatsächlich fliessen. Aber es geht auch darum, dass in manchen Katastrophen- und Kriegssituationen schlicht die grundlegenden Informationen fehlen, wie viele Menschen wo genau welche Hilfe benötigen. Das erschwert die Logistik, die entscheidend ist für Erfolg oder Misserfolg von Nothilfeoperationen. Am Aufbau entsprechender Datenbanken wird nun gearbeitet.
Dazu kommt: Es mangelt sehr oft an sozialen und kulturellen Kenntnissen über die Bevölkerung in Krisengebieten. Doch um wirksam zu helfen und Vertrauen zwischen Helfern und Opfern zu schaffen, wären sie entscheidend. Dass das Rote Kreuz, welches fast überall in der Welt mit nationalen und lokalen Organisationen vertreten ist, dafür plädiert, vermehrt auf Akteure vor Ort zu setzen, lässt sich auch mit Eigeninteresse erklären.
Wissen vor Ort nicht optimal genutzt?
Unabhängig davon hat das Argument einiges für sich. Tatsächlich erstaunt es, dass von der internationalen humanitären Hilfe lediglich 2,9 Prozent zu lokalen Organisationen mit Ortskenntnissen fliessen. Das deutet zumindest darauf hin, dass vorhandenes Wissen vor Ort nicht optimal genutzt wird.
Die Nothilfe in Krisensituationen liesse sich also durchaus noch effizienter gestalten. Und mehr Menschen könnten besser, und zwar aufgrund ihrer tatsächlichen Bedürfnisse geholfen werden.