US-Präsident Donald Trump hat Anfang Woche eine Proklamation unterschrieben, wonach die USA die syrischen Golanhöhen formell als Staatsgebiet Israels anerkennen. Wenn sich nun der UNO-Sicherheitsrat auf Antrag Syriens hinter verschlossenen Türen trifft, wird sich nicht viel ändern, wie Korrespondent Fredy Gsteiger erklärt.
SRF News: Was ist von dieser Debatte im UNO-Sicherheitsrat zu erwarten?
Fredy Gsteiger: Nicht viel. Es wird eher informell diskutiert, ob es überhaupt eine formelle Dringlichkeitssitzung geben soll. Selbst wenn es diese in den nächsten Tagen gäbe, wäre nicht viel zu erwarten. Denn die USA können mit ihrem Veto-Recht eine unverbindliche Deklaration oder eine verbindliche Resolution blockieren.
Der Sicherheitsrat ist in der Golan-Frage gelähmt, wie bereits bei der Krim und im Syrienkonflikt. Allerdings sind hier die Positionen ziemlich klar. Selbst die amerikanischen Verbündeten, die Europäer, die im Moment im Sicherheitsrat vertreten sind, haben sich klar gegen die Trumps Position geäussert.
International ist die Annexion der Golanhöhen durch Israel nicht anerkannt. Ändert sich mit der US-Proklamation etwas aus völkerrechtlicher Sicht?
Da ändert sich überhaupt nichts. Es ist zwar möglich, dass sich einzelne Länder der US-Haltung anschliessen. Etwa Brasilien wird genannt, dessen Präsident ein enges Verhältnis zu Trump pflegt. Einige Länder haben bekanntlich 2016 auch der US-Position bei der Verlegung der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem angeschlossen.
Trump sticht in ein Wespennest.
Im jetzigen Fall ist die völkerrechtliche Lage noch viel klarer. Es geht um die Unversehrtheit des Territoriums als zentrales Prinzip in den Vereinten Nationen. Es ist in der UNO-Charta und im Fall Golan in mehreren UNO-Resolutionen festgehalten. Es besagt, ass einseitige Grenzänderungen illegal sind, erst recht mit militärischen Mitteln. Trumps Entscheidung ist also offenkundig völkerrechtswidrig.
Welche Folgen hat der Entscheid der USA für den Nahen Osten?
Trump sticht in ein Wespennest. Das wird eine ganze Liste von Konsequenzen nach sich ziehen: Das Verhältnis zu den pro-amerikanischen arabischen Regierungen wird gestört. Denn auch Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien können in dieser Frage Trump nicht unterstützen.
Zugleich wird der schlummernde Golan-Konflikt befeuert. Schon bisher betrachtete alle Welt die israelische Besetzung als illegal. Doch niemand unternahm ernsthaft etwas. Da könnte nun etwas in Bewegung geraten.
Indirekte Nutzniesser seines Hauruck-Entscheids zur Golan-Frage sind Syrien, Russland und China.
Die USA haben ihre Glaubwürdigkeit als Vermittler im Palästina-Konflikt verspielt. Sie liefern Diktator Assad die willkommene Gelegenheit, von seinen enormen Menschenrechtsverletzungen abzulenken. Ermutigt könnten sich auch die israelischen Rechten sehen, die gleich auch die West Bank annektieren möchten. Sie können absehen, dass Trump das unterstützen würde.
Welche Auswirkungen könnte der US-Entscheid auf die Krim oder auf das Südchinesische Meer haben?
Das ist offenkundig: Die USA sind moralisch schlicht nicht mehr legitimiert, zu kritisieren, dass Russland die Krim annektiert hat oder dass China sich völkerrechtswidrig weite Teile des Südchinesischen Meers aneignet. Die USA nehmen sich in diesen Debatten ein Stück weit aus dem Spiel. Indirekte Nutzniesser seines Hauruck-Entscheids zur Golan-Frage sind Syrien, Russland und China.
Das Gespräch führte Beat Soltermann.