Wer im politischen Berlin etwas Wichtiges zu sagen hat, der bucht den grossen Raum der Bundespressekonferenz. Vor der holzumrahmten blauen Wand werden Erfolge verkündet, hochfliegende politische Pläne, Rücktritte – oder richtig schlechte Nachrichten.
Heute war es ein Tag der richtig schlechten Nachrichten. Die führenden Deutschen Wirtschaftsinstitute verkündeten ihre Wachstumsprognose: 0.1 Prozent. Eine Zahl wie ein Faustschlag. Es läuft nicht mehr in Deutschland.
Fingerzeig nach Berlin
Schuldige gibt es viele, Gründe auch. Die hohen Energiepreise zum Beispiel, welche der energieintensiven deutschen Wirtschaft zusetzen, besonders der Stahl- und Chemiebranche, aber auch der Autoindustrie.
Viele Finger zeigen aber auch nach Berlin, ins Kanzleramt. Die Ampel-Koalition unter der Führung von Kanzler Olaf Scholz murkst auch in der Wirtschaftspolitik. Zwar kam das «Wachstumschancengesetz» endlich durch die parlamentarischen Institutionen – aber massiv abgespeckt und wohl nicht dazu geeignet, Investitionen und damit Wachstum entscheidend zu fördern.
Ökonomen reiben sich die Augen
Alle wursteln vor sich hin – die Deutsche Industrie ist völlig konsterniert über viele Entscheidungen aus Berlin. Als bestes Beispiel gilt der Umgang mit den Elektroautos. Praktisch über Nacht wurde die staatliche Förderung radikal zusammengestrichen. Ausgerechnet von einer Regierung, in der die Grünen die Energiewende als zentrales Projekt vorantreiben wollten.
Das Resultat des Regierungs-Schlingerkurses: Die Absatzzahlen für E-Autos brechen ein, E-Auto-Fabriken wie jene von Volkswagen in Sachsen kämpfen um ihre Auslastung. Wer kann sich eigentlich noch auf Berliner Politik-Entscheide verlassen? Gleichzeitig drängen die Autobauer aus China mit günstigen E-Autos in den deutschen Markt. Ein Horrorszenario für Mercedes, BMW und Co. richtig Bad News.
Wichtiger Grund für die konjunkturelle Schwäche ist auch der Fachkräftemangel. Und ausgerechnet jetzt haben die Bahngewerkschafter die 35-Stunden-Woche für Lokführer ab 2026 schrittweise bis 2029 durchgeboxt. Nicht nur Ökonomen reiben sich die Augen.
Ängste auch in der Schweiz
Es sieht ein bisschen aus, als sei Deutschland in einem masochistischen Selbstverletzungsmodus. Das wäre für sich allein schlimm genug – aber die deutsche Schwäche betrifft auch die Schweiz.
Die hiesige Industrie exportiert 25 Prozent ihrer Produkte nach Deutschland. Unser nördliches Nachbarland ist mit Abstand der wichtigste Exportmarkt. Wenn Deutschland hustet, hat die Schweiz die Grippe, heisst es. Entsprechend gross sind die Ängste auch in der Schweiz.
Und so schnell ist nicht mit Good News aus Deutschland zu rechnen. Es wäre an der Zeit, dass Scholz handelt, ein Krisenprogramm vorlegt, das wirklich funktioniert, sagen viele. Etwas mit Hand und Fuss, am besten präsentiert in der Bundespressekonferenz. Dort, wo Leute den Saal buchen, die etwas zu sagen haben. Etwas Wichtiges.