- Im Rechtsstreit um Julian Assange haben die USA erneut die Auslieferung des Wikileaks-Gründers gefordert. Das Berufungsverfahren geht am Donnerstag weiter.
- Die US-Justiz will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen – ihm drohen bis zu 175 Jahre Haft.
- Der gebürtige Australier sitzt seit mehr als zwei Jahren im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh und blieb dem Berufungsverfahren wegen Gesundheitsproblemen fern.
Der Anwalt der Vereinigten Staaten, James Lewis, argumentierte am Mittwoch vor dem Londoner High Court, die bisherige Entscheidung der britischen Justiz sei aufgrund falscher Annahmen getroffen worden. Konkret seien falsche Schlüsse zu Assanges Gesundheitszustand und dessen Suizidrisiko gezogen worden.
Herr Assange hatte jeden Grund, bei seinen Symptomen zu übertreiben.
US-Anwalt Lewis zweifelte medizinische Gutachten an und sagte: «Herr Assange hatte jeden Grund, bei seinen Symptomen zu übertreiben.» Was die Haftbedingungen angehe, hätten die Vereinigten Staaten mittlerweile zugesichert, keine «Spezialmethoden» anzuwenden. Gegebenenfalls würden die USA laut Lewis auch einer Verlegung Assanges in ein Gefängnis in seiner australischen Heimat zustimmen.
Noch im Januar hatte ein Londoner Gericht das Auslieferungsbegehren der USA mit Hinblick auf Assanges angegriffene psychische Gesundheit und die zu erwartenden Haftbedingungen in den Vereinigten Staaten abgelehnt.
Assange verfolgte Verfahren per Video
Zum Auftakt des Berufungsverfahrens am Mittwoch hatten Assanges Anwälte erklärt, der 50-Jährige fühle sich gesundheitlich nicht in der Lage, das Prozedere zu verfolgen. Er bekomme eine höhere Dosis an Medikamenten.
Etwas später sah man ihn dann per Videoschalte in einem kleinen Raum vor dem Bildschirm sitzen – mit langen Haaren, schwarzer Maske, das helle Hemd halb in die Hose gesteckt.
Ich hoffe, die Justiz wird diesen Albtraum beenden, sodass Julian nach Hause kommen kann und die Vernunft gewinnt.
«Ich mache mir grosse Sorgen um Julians Gesundheit», sagte Assanges Verlobte Stella Moris vor dem Gericht, wo Unterstützer mit «Free Assange»-Plakaten demonstrierten. «Ich hoffe, die Justiz wird diesen Albtraum beenden, sodass Julian nach Hause kommen kann und die Vernunft gewinnt.»
Whistleblower oder Spion?
Vorgeworfen wird Assange, mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Er habe damit US-Informanten in Gefahr gebracht. Seine Unterstützer sehen in ihm einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte.
Menschenrechtsorganisationen fordern seine sofortige Freilassung. Die US-Justiz müsse ihre Vorwürfe gegen den Australier fallenlassen und die britischen Behörden müssten ihn umgehend aus der Haft entlassen, teilte Amnesty International mit.