Ein Mann der Zwischentöne war Donald Trump noch nie. Die Art und Weise aber, wie der Präsident der Vereinigten Staaten mit den Massenprotesten gegen Rassismus und Polizeigewalt umgeht, sorgt nun auch im republikanischen Establishment für harsche Kritik. Der Tenor: Statt das Land zu einen, betätigt sich Trump als Brandstifter.
Marine-General James Mattis, der seit seinem Rückzug als Verteidigungsminister vor zwei Jahren schwieg, bezeichnete seinen ehemaligen Chef als «Bedrohung für die Verfassung»: «Trump ist der erste Präsident in meiner Lebensspanne, der nicht versucht, das amerikanische Volk zu einen – und nicht einmal vorgibt, es zu versuchen. Stattdessen will er uns spalten.»
Trump wird gefährlich für unsere Demokratie, für unser Land.
John Kelly, Trumps ehemaliger Stabschef im Weissen Haus, stellt offen Trumps Eignung für das Präsidentenamt infrage: «Wir sollten uns besser überlegen, wen wir wählen. Wie ist der Charakter der Person, welche ethischen Grundsätze hat sie?»
Am Sonntag stimmte der ehemalige Aussenminister Colin Powell in den Chor der Kritiker ein. «Trump wird gefährlich für unsere Demokratie, für unser Land», sagte der Republikaner – und kündigte an, bei der Präsidentschaftswahl im November für Joe Biden zu stimmen.
Weitere namhafte Parteikollegen wie Senator Mitt Romney und der ehemalige Präsident George W. Bush stellen sich gegen eine zweite Amtszeit von Trump. Und im «Lincoln Project» haben sich hochrangige Republikaner zusammengeschlossen, um Trumps Wiederwahl zu verhindern.
Der Präsident selbst reagiert auf altbekannte Weise. Auf Twitter bezeichnet er seine Kritiker aus den eigenen Reihen wahlweise als «erbärmlich» (Powell), «überschätzt» (Mattis) oder schlichtweg als «Loser» («Lincoln Project»).
Doch nicht nur Vertreter der konservativen Elite sagen sich vom Präsidenten los, der vor vier Jahren antrat, um das «amerikanische Massaker» («American Carnage») zu beenden – und nun mit martialischer Rhetorik den Hass auf Minderheiten und Andersdenkende schürt.
Auf Trumps Haussender Fox News läuft derzeit ein Anti-Trump-Werbespot. Darin ruft eine Gruppe ehemaliger Trump-Unterstützer dazu auf, dessen «amerikanisches Massaker» bei den Wahlen im November zu beenden:
Während einer Pandemie mit über 100'000 Todesopfern und landesweiter Unruhen verstecke sich der Präsident in seinem Sicherheitsbunker, heisst es in einem zweiten Clip: «Allein. Kein Leader. Kein Präsident. Nur eine verängstigte, inkompetente Peinlichkeit.»
Kommt hinzu: Bis tief in die republikanischen Stammlande fordern Menschen Gerechtigkeit für den durch Polizeigewalt umgekommenen George Floyd. Und mit ihm für Abermillionen Afroamerikaner, die dem ganz alltäglichen Rassismus in den USA ausgesetzt sind.
Doch auch wenn sich namhafte Vertreter und moderate Stammwähler der «Grand Old Party» gegen Trump aussprechen: Im politischen Washington begehrt kaum ein Republikaner offen gegen den Präsidenten auf. Von einer «generellen Fluchtbewegung» im Trump-Lager könne denn auch keine Rede sein, urteilt SRF-Korrespondentin Isabelle Jacobi:
«Keiner der Namen löst grosses Erstaunen aus»
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Die Stellungnahmen der Generäle Mattis, Powell und Kelly könnten nicht entschiedener sein. Sie sehen im Präsidenten eine Gefahr für die Einheit der Vereinigten Staaten und sagen das gerade heraus. Die Generäle sorgen sich zudem um das Ansehen der Armee. Deren Instrumentalisierung im Einsatz gegen eine mehrheitlich friedliche Protestbewegung stellte für sie eine rote Linie dar.
Auch Senatorin Lisa Murkowski und Senator Mitt Romney gehören zu den Republikanern, die im Zuge der Bürgerrechts-Proteste ihre Kritik am Präsidenten verschärft haben – oder, im Fall von Romney, sich sogar selber unter die Protestierenden mischen.
Aber von einer generellen Fluchtbewegung im Trump-Lager zu sprechen wäre unangemessen. Es wenden sich Personen ab, die sich bereits zuvor von Präsident Trump weitgehend distanziert haben oder sich gänzlich überworfen haben. Es ist kein Name darunter, der grosses Erstaunen auslöst.
Im US-Kongress lassen sich die «Abtrünnigen» an einer Hand abzählen. Die Republikaner stehen nach wie vor stramm hinter Präsident Trump. In den letzten vier Jahren ist die Partei aus politischem Opportunismus eine enge Symbiose mit ihm eingegangen, die sich nicht so einfach auflösen lässt. Die Republikaner reihen sich ein hinter ihrem «Law and Order»-Präsidenten. Und üben höchstens beredtes Schweigen.
Interessant wird sein, ob die republikanische Einheit bröckeln wird, wenn Trumps Zustimmungswerte in der US-Öffentlichkeit weiter sinken sollten. Im Moment ist dergleichen aber nicht zu beobachten.
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