Ein Mann der Zwischentöne war Donald Trump noch nie. Die Art und Weise aber, wie der Präsident der Vereinigten Staaten mit den Massenprotesten gegen Rassismus und Polizeigewalt umgeht, sorgt nun auch im republikanischen Establishment für harsche Kritik. Der Tenor: Statt das Land zu einen, betätigt sich Trump als Brandstifter.
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Bild 1 von 5. «When the looting starts, the shooting starts» («Sobald geplündert wird, wird geschossen»): Präsident Trump beantwortete die aufflammenden Antirassismus-Proteste mit einer Phrase aus der Mottenkiste der amerikanischen Geschichte. Twitter versah den Tweet umgehend mit einem Warnhinweis... Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 5. …das Zitat geht auf den ehemaligen Polizeichef von Miami, Walter Headley, zurück, der während den Rassenunruhen in den 1960er-Jahren amtete. Bürgerrechtler brandmarken Headley als Rassisten. Trump stellte in Abrede, das Zitat zu kennen... Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 5. …und zündelte munter weiter: Pauschale Verunglimpfungen der mehrheitlich friedlichen Demonstranten als Aufständische, Krawallmacher und Terroristen, denen mit roher Gewalt begegnet werden müsse…. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 5. …eine fragwürdige mediale Inszenierung, in der Sicherheitskräfte gewaltsam eine Demonstration vor dem Weissen Haus auflösten, damit sich Trump mit der Bibel in der Hand vor einer Kirche ablichten lassen konnte…. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 5. …schliesslich die Drohung, das US-Militär gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen und Twitter-Fehden mit schwarzen Bürgerrechtlern und Würdenträgern – so etwa der Bürgermeisterin von Washington D.C, Muriel Bowser (im Bild). Bildquelle: Keystone.
Marine-General James Mattis, der seit seinem Rückzug als Verteidigungsminister vor zwei Jahren schwieg, bezeichnete seinen ehemaligen Chef als «Bedrohung für die Verfassung»: «Trump ist der erste Präsident in meiner Lebensspanne, der nicht versucht, das amerikanische Volk zu einen – und nicht einmal vorgibt, es zu versuchen. Stattdessen will er uns spalten.»
Trump wird gefährlich für unsere Demokratie, für unser Land.
John Kelly, Trumps ehemaliger Stabschef im Weissen Haus, stellt offen Trumps Eignung für das Präsidentenamt infrage: «Wir sollten uns besser überlegen, wen wir wählen. Wie ist der Charakter der Person, welche ethischen Grundsätze hat sie?»
Am Sonntag stimmte der ehemalige Aussenminister Colin Powell in den Chor der Kritiker ein. «Trump wird gefährlich für unsere Demokratie, für unser Land», sagte der Republikaner – und kündigte an, bei der Präsidentschaftswahl im November für Joe Biden zu stimmen.
Weitere namhafte Parteikollegen wie Senator Mitt Romney und der ehemalige Präsident George W. Bush stellen sich gegen eine zweite Amtszeit von Trump. Und im «Lincoln Project» haben sich hochrangige Republikaner zusammengeschlossen, um Trumps Wiederwahl zu verhindern.
Der Präsident selbst reagiert auf altbekannte Weise. Auf Twitter bezeichnet er seine Kritiker aus den eigenen Reihen wahlweise als «erbärmlich» (Powell), «überschätzt» (Mattis) oder schlichtweg als «Loser» («Lincoln Project»).
Link zum «Lincoln Project»
Moderate Wähler fremdeln mit Trump
Doch nicht nur Vertreter der konservativen Elite sagen sich vom Präsidenten los, der vor vier Jahren antrat, um das «amerikanische Massaker» («American Carnage») zu beenden – und nun mit martialischer Rhetorik den Hass auf Minderheiten und Andersdenkende schürt.
Auf Trumps Haussender Fox News läuft derzeit ein Anti-Trump-Werbespot. Darin ruft eine Gruppe ehemaliger Trump-Unterstützer dazu auf, dessen «amerikanisches Massaker» bei den Wahlen im November zu beenden:
Während einer Pandemie mit über 100'000 Todesopfern und landesweiter Unruhen verstecke sich der Präsident in seinem Sicherheitsbunker, heisst es in einem zweiten Clip: «Allein. Kein Leader. Kein Präsident. Nur eine verängstigte, inkompetente Peinlichkeit.»
Kommt hinzu: Bis tief in die republikanischen Stammlande fordern Menschen Gerechtigkeit für den durch Polizeigewalt umgekommenen George Floyd. Und mit ihm für Abermillionen Afroamerikaner, die dem ganz alltäglichen Rassismus in den USA ausgesetzt sind.
Doch auch wenn sich namhafte Vertreter und moderate Stammwähler der «Grand Old Party» gegen Trump aussprechen: Im politischen Washington begehrt kaum ein Republikaner offen gegen den Präsidenten auf. Von einer «generellen Fluchtbewegung» im Trump-Lager könne denn auch keine Rede sein, urteilt SRF-Korrespondentin Isabelle Jacobi: