An der Spitze des mächtigen Gewerkschaftsbundes AFL-CIO von Wisconsin steht neuerdings eine Frau, Stephanie Bloomingdale, und sie sprüht vor Zuversicht. «Ich freue mich auf eine aufregende Zeit für die Arbeiterschaft. Wir werden uns neu organisieren, um für bessere Lebensbedingungen zu kämpfen für unsere Arbeitnehmer und ihre Familien. Wir werden hart arbeiten, um all die Anti-Arbeitergesetze der letzten Jahre rückgängig zu machen», sagt die Gewerkschaftsführerin.
Seit 2010 haben Wirtschaftsliberale unter der Führung von Gouverneur Scott Walker den Gewerkschaften erheblichen Schaden zugefügt. Sie entzogen Wisconsins Staatsangestellten das Recht, kollektive Verträge auszuhandeln, schafften geltende Mindestlöhne sowie gewerkschaftliche Zwangsgebühren ab.
Hunderttausende Arbeiter und Arbeiterinnen protestierten in Wisconsin gegen die Massnahmen, es war der weltweit grösste Arbeitskampf seit Jahrzehnten, doch Gouverneur Scott Walker und die Republikaner konnten sich an der Macht halten.
Das hatte Folgen für die Gewerkschaften in Wisconsin – sie verloren rund einen Drittel ihrer Mitglieder. Doch seit ein paar Jahren sind sie wieder am Erstarken. «Die Krise hat Gewerkschaften und Arbeitnehmende zusammengeschweisst», sagt Stephanie Bloomingdale. Gemeinsam sage man nun laut und deutlich: «Nein, wir sind nicht einverstanden, dass man uns diese grundlegenden Rechte entzieht.»
Toni Mayrhofer ist der Geschäftsführer der Metallarbeiter-Gewerkschaft von Wisconsin, der Ironworker Local 8. Vor zwei Jahren musste er zusehen, wie 46 Prozent seiner Genossen für Präsident Donald Trump die Stimme einlegten, entgegen der Empfehlung der Gewerkschaftsspitze.
Er meint, es sei vor allem eine Entscheidung gegen die demokratische Kandidatin Hillary Clinton gewesen, und hofft auf eine Wende in den kommenden Zwischenwahlen. «Wir können nun Leute wählen, die sich wirklich um die Arbeiterschaft kümmern», meint Mayrhofer.
Die Ironworker Local 8 stellen selber einen Kongress-Kandidaten, und Gouverneur Scott Walker wird vom Demokraten Tony Evers bedrängt. Auch Stephanie Bloomingdale von der AFL-CIO glaubt, dass die Demokraten in Wisconsin auf Siegeskurs sind.
Wie Wisconsin wählt, könnte Schule machen
Aber: Seit dem Überraschungssieg von Donald Trump vor zwei Jahren wisse man, dass nichts sicher sei. Die Leute hätten allerdings gelernt: Ohne eine starke Arbeiterbewegung habe die Mittelklasse keine Chance, vorwärts zu kommen, ist Bloomingdale überzeugt.
Viele Augen in den USA sind auf Wisconsin gerichtet. Denn wie die Arbeiterschaft am 6. November in den Zwischenwahlen wählt, könnte auch in anderen Gliedstaaten Schule machen – vor allem im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 2020.