Anfang Woche hat ein heftiger Wintersturm den Süden der USA heimgesucht. In Texas sind in der Folge Millionen von Haushalten während Tagen ohne Strom, Gas und fliessendes Wasser geblieben – mindestens 30 Menschen sind in den letzten Tagen deswegen gestorben.
Inzwischen normalisiert sich die Lage in Texas allmählich, auch wenn Präsident Biden den Staat zum Gross-Katastrophengebiet erklärte. Aber der politische Sturm, der dem systemischen Versagen folgt, wird nicht so rasch abflauen. Für Greg Abbott etwa, dem republikanischen Gouverneur von Texas, war von Anfang an klar: Schuld an den grossflächigen Stromausfällen seien vereiste Windturbinen. Das beweise, dass die politische Linke mit ihren Forderungen nach mehr erneuerbarer Energie das Land ins Verderben führen werde.
Doch kurz darauf musste die eigene Behörde eingestehen, dass fast sämtliche Kraftwerke und auch die Versorgungs-Infrastruktur den eisigen Temperaturen nicht standhielten, also vor allem Gas- und Öl-Pipelines nicht. In der Folge brach auch die Trinkwasserversorgung in weiten Teilen von Texas zusammen: Bei Millionen von Menschen tropfte in der kalten und dunklen Wohnung entweder gar kein Wasser mehr aus den Hähnen, oder es war verschmutzt und musste abgekocht werden – falls Strom oder Gas dafür vorhanden war. Einige Spitäler mussten deswegen gar Patienten verlegen.
Texas' Stromnetz ist vom Rest der USA abgekoppelt
Dass die Stromausfälle tagelang anhielten, ist die Folge einer Besonderheit des texanischen Stromnetzes. Dieses ist vom Rest des Landes abgekoppelt. Schon in den 1930er Jahren entschied der konservative Staat im Süden, sich nicht mit einem der beiden nationalen Stromnetze zu verbinden. Man wolle sich von den Bundesbehörden bei der Stromversorgung nicht hereinreden lassen. Als das Netz letzte Woche zusammenbrach, waren Stromlieferungen aus anderen Landesteilen deshalb nicht möglich.
Privatisierung und Deregulierung sind seit Jahrzehnten die Zauberworte in der texanischen Energie- und Wirtschaftspolitik. Neben tiefen Steuern sind es vor allem ungewöhnlich tiefe Energiepreise, mit denen Texas unzählige Unternehmen anlocken konnte. Diese Tiefstpreise sind möglich, weil der Staat die Energieversorgung privaten Firmen überlässt, denen er so wenig Vorschriften wie möglich macht – etwa auch nicht zu Wetter- und Winterfestigkeit. Und freiwillig haben die Privatfirmen entsprechende Investitionen nicht getätigt, denn Minustemperaturen, Schneestürme und Eisregen sind selten in Texas.
Bundesbehörden wurden nicht ernst genommen
Als vor 10 Jahren bereits ein Jahrhundert-Wintersturm über den sogenannten «Lone Star State» fegte, wurden die Schwächen der Energieversorgung schonungslos offen gelegt. Danach warnten die Bundesbehörden, das texanische Stromnetz sei auf einen extremen Wintereinbruch nicht vorbereitet. Ernst genommen wurden diese Warnungen aber ganz offensichtlich nicht. Rick Perry, der frühere Gouverneur meinte Anfang Woche: Richtige Texaner harrten lieber in einer kalten Wohnung aus, als sich von Beamten aus Washington DC hereinreden zu lassen.
Solche Worte kommen in Texas derzeit nicht gut an. Gouverneur Greg Abbott sucht mittlerweile neue Schuldige und spricht selber von systemischem Versagen. Die Politik gehört vermutlich auch dazu. Ab nächster Woche finden im texanischen Staats-Parlament erste Hearings zum Versorgungsdebakel statt.