Das ist passiert: In Schweden haben 70'000 Personen kein Arbeitslosengeld mehr ausbezahlt bekommen. Dies aber nicht, weil sie keinen Anspruch mehr darauf hatten, sondern weil ein Algorithmus sie fälschlicherweise von den Zahlungen ausgeschlossen hat.
Reaktionen der Ausgeschlossenen: Die Betroffenen hätten die Mails persönlich genommen, wie SRF-Nordeuropa-Mitarbeiter Bruno Kaufmann weiss. Dies auch deshalb, weil auf dem jeweiligen Schreiben der Name eines Sachbearbeiters und eine Telefonnummer stand. Die Betroffenen hätten erst später gemerkt, dass nicht diese Person, sondern eine Maschine ihren Fall bearbeitet hat.
Digitalisierung weit vorangeschritten: «In Schweden sind sich die meisten Leute gewohnt, dass sie von den Behörden keine Briefe mehr per Post bekommen», sagt Kaufmann. Der ganze Verkehr mit dem Staat läuft über digitale Plattformen ab. Trotz dieser Panne kündigten die Behörden weitere Digitalisierungsschritte an.
Misstrauen in die Maschine: Zurück zum Papier will in Schweden niemand. Aber es gebe Forderungen, bei der Digitalisierung einen Marschhalt einzulegen, sagt Kaufmann. Es soll viel umfassender kommuniziert werden, was abläuft und die Einzelnen sollen sich äussern können. «Letztlich braucht es nun eine Strategie, wie die Digitalisierung menschenfreundlich gestaltet werden kann.»
Wie die Leute nun zu ihrem Geld kommen: Wenn sie sich persönlich bei den Behörden melden, bekommen die Geprellten ihr Geld nachträglich. Allerdings gebe es diesbezüglich schon Erfahrungen aus den Gemeinden, zum Beispiel mit den Geldern der Sozialhilfe, die ebenfalls durch einen Algorithmus gesteuert wird. «Viele Leute haben sich nicht gemeldet und haben dementsprechend nichts erhalten.»
Vertrauen in den Wohlfahrtsstaat: In Schweden gehen rund 60 Prozent der Einnahmen in den Wohlfahrtsstaat. Der Einzelne gibt dem Staat sehr viel preis und der Staat gibt dem Einzelnen auch viel zurück. Wie sich die Panne auf das grundsätzliche Vertrauen der Menschen in den Staat auswirke, könne noch nicht gesagt werden, so Kaufmann. «Aber wenn das Vertrauen in den Staat erschüttert ist, ist viel verloren.»