- Nach zwei Nachtsitzungen haben sich Vertreterinnen und Vertreter der 164 Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation (WTO) auf ein beschränktes Aussetzen von Covid-Impfstoffpatenten geeinigt.
- Damit soll die Produktion von Impfstoffen in mehr Ländern ermöglicht werden. Die Reaktionen darauf sind gemischt.
Die Handelsministerinnen und -minister der WTO-Länder haben sich kurz vor Sonnenaufgang gegenseitig auf die Schulter geklopft; stolz, beim Patentschutz von Corona-Impfstoffen eine Einigung errungen zu haben.
Der Kompromiss sieht vor, dass künftig mehr Länder als bisher Impfstoffe produzieren dürfen. Impfstoffe, die die Pharmabranche zuvor entwickelt hatte. Der Patentschutz dieser Impfstoffe wird dazu vorübergehend ausgesetzt. Interpharma und Science Industries, die beiden Verbände, die die Schweizer Pharmabranche vertreten, reagierten enttäuscht: Der Entscheid bringe nichts, sende aber ein negatives Signal an alle, die künftig Impfstoffe entwickeln könnten.
Organisationen hatten sich mehr gewünscht
Die Verbände befürchten, dass die WTO nun einen «gefährlichen Präzedenzfall» geschaffen haben könnte, dass also künftig der Patentschutz für Pharmaprodukte einfacher aufgeweicht werden könnte.
Zivil- und Hilfsorganisationen reagieren ebenfalls enttäuscht auf den WTO-Entscheid. Allerdings aus völlig anderen Gründen. Sie sprechen von einem Scheinabkommen, das nichts bringe. So sagt etwa Patrick Durisch von der Nichtregierungsorganisation Public Eye: «Es wird kaum eine Möglichkeit geben, dass Entwicklungsländer auch Impfstoffe produzieren. Denn es wird zu lange gehen.» Tatsächlich wollten Länder wie Indien und Südafrika bei den Verhandlungen deutlich mehr erreichen.
Sie wollten nicht nur meist westliche entwickelte Corona-Impfstoffe selber produzieren, sie wollten vielmehr auch Medikamente und Diagnostika, die bei Covid-Erkrankten eingesetzt werden, selber herstellen dürfen. Das bleibt ihnen nun vorerst verwehrt. Denn hier bleibt der Patentschutz bestehen. Wirklich zufrieden mit dem Abkommen scheint letztlich nur die WTO zu sein. Sie ist heilfroh, wenigstens mal wieder einen Kompromiss unter Dach und Fach gebracht zu haben.