Ein Video des deutschen Youtubers Rezo hat seit Samstag Millionen von Klicks generiert. Darin rechnet der 26-Jährige mit der deutschen Politik ab – und hat damit empörte Reaktionen aus der Bundespolitik provoziert.
In dem Clip mit dem Titel «Die Zerstörung der CDU» wirft Rezo der deutschen Regierung eine unverantwortliche Klimapolitik vor und attestiert ihr schwere Versäumnisse in der Wirtschafts-, Sozial- und Aussenpolitik.
Seine Meinung, so der Youtuber, decke sich mit der «Einschätzung von Zigtausenden Experten». Stimmen aus der CDU, wie etwa Marian Bracht, Büroleiter von Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber, halten sein Video dagegen für «Meinungsdiktatur».
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak lud Rezo über Twitter zu einem Gespräch ein.
Kommunikationsexperte Hektor Haarkötter ist dagegen von Rezos Video beeindruckt.
SRF: Wie bewerten Sie das Video?
Hektor Haarkötter: Es ist schon eine enorme Leistung, 55 Minuten lang in diesem Stakkato und mit einer solchen Rhetorik eine These nach der anderen abzufeuern. Ich würde mich freuen, wenn alle meine Studenten ihre Referate so halten würden.
Aber das sagt noch nichts über den Inhalt aus. Regierungspolitik ist eigentlich nicht das Programm, wonach sich Jugendliche auf Youtube sehnen, oder?
Vielleicht ist das genau der Denkfehler von uns Älteren. Ich glaube, die junge Generation ist ganz schön politisiert. Wir merken das europaweit an den vielen Friday-for-Future-Demonstrationen. Die Klimapolitik nimmt ja auch einen grossen Teil des Videos von Rezo ein.
Rezos Video ist allerdings gespickt mit Vereinfachungen und keine Berichterstattung, die auf neutralen Fakten basiert. Ist das sinnvoll?
Ich würde Ihnen da nicht ganz zustimmen. Er belegt seine Äusserungen mit Fussnoten, die er einblendet, und dahinter verbirgt sich ein langes Google-Docs-Dokument, das sich jeder herunterladen kann, um die Behauptungen von Rezo zu überprüfen. Er behauptet auch nicht, ausgewogen oder objektiv sein zu wollen. Selbstverständlich ist das krass einseitig, und nichts anderes hat er vor. Aber das ist sein gutes Recht, denn wir haben ein Recht auf freie Meinungsäusserung. Das nimmt er mit diesem Video für sich in Anspruch.
Wir stehen kurz vor den Europawahlen, daher kommt ein Grossteil der Aufregung um diesen Film.
CDU-Generalsekretär Ziemiak sagte, differenzierte Berichterstattung mag manchmal langweiliger wirken, um sich eine fundierte Meinung zu bilden, sei sie aber unerlässlich. Ist es nicht unverantwortlich, wenn sich Millionen von Jugendlichen ein solches Video ansehen?
Ich glaube das Gegenteil ist der Fall. Jeder hat das Recht, seine Meinung so prononciert und so einseitig, wie er will, zu äussern. Es steht der CDU frei zu kontern, und das haben sie ja mittlerweile auch getan. Wir als Bürger müssen uns letztlich unsere eigene Meinung bilden. Natürlich muss die CDU reagieren, wenn jemand ein Video mit dem Titel «Zerstörung der CDU» ins Netz stellt, das über fünf Millionen Mal geklickt wird. Wir stehen kurz vor den Europawahlen, daher kommt ein Grossteil der Aufregung um diesen Film.
Das Gespräch führte Roger Aebli.