- Seit der Annahme des neuen Nachrichtendienstgesetzes hat der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) erweiterte Kompetenzen bei der Überwachung.
- Wie oft dieses Mittel eingesetzt wird, ist derzeit noch unklar.
- Unklar ist zudem, wer die Zahlen offenlegen soll – sollte es überhaupt jemand tun.
In nur rund zehn Fällen pro Jahr werde der NDB zu den neuen Überwachungsmitteln greifen, versicherte der Bundesrat vor der Abstimmung über das neue Nachrichtendienstgesetz. Ob die tatsächliche Anzahl überhaupt jemals bekannt wird, ist bis heute nicht bekannt.
Thomas Fritschi, Leiter der neuen Aufsichtsbehörde über den Nachrichtendienst, macht nun sanften Druck, damit es Transparenz in dieser Frage gibt. So sagt er auf die Frage, ob er einen Überblick habe über die Anzahl Überwachungen seit dem 1. September: «Ich kenne die aktuelle Zahl nicht, gehe aber davon aus, dass sie nach einem Jahr irgendwie veröffentlicht werden muss.»
Es ist richtig, dass es einem weiten Interesse der Bevölkerung entspricht, die Genehmigungspflichtigen Fälle zu kennen. Die Frage ist noch: Wer gibt sie bekannt?
Wenn Rechte und Linke das Gleiche wollen
Transparenz wünscht sich auch SP-Sicherheitspolitikerin Edith Graf-Litscher, die sich vor der Abstimmung anders als ihre Partei für das neue Nachrichtendienstgesetz ausgesprochen hatte. Sie sagt: «Wenn man in der Bevölkerung das Vertrauen dafür schaffen möchte, dass es nur etwa zehn Aufträge pro Jahr sind, ist es wichtig, dass es transparent gemacht wird. Die Bevölkerung muss nachvollziehen können, dass die gemachten Versprechen auch eingelöst werden.»
Ähnlich argumentiert der Präsident der Geschäftsprüfungsdelegation (Gpdel), die den NDB ebenfalls überwacht. SVP-Ständerat Alex Kuprecht sagt: «Es ist richtig, dass es einem weiten Interesse der Bevölkerung entspricht, die Genehmigungspflichtigen Fälle zu kennen. Die Frage ist noch: Wer gibt sie bekannt?»
Offenlegen Ja – aber bitte jemand anderes
Genau das scheint aber strittig. Bekannt geben könnten die Zahlen die Gpdel, die neue Aufsichtsbehörde, der Nachrichtendienst selber oder das Bundesverwaltungsgericht. Dieses genehmigt die Überwachungs-Anträge des NDB. Doch keine der vier Instanzen will heute eine Veröffentlichung der Fallzahlen zusichern.
Beim Bundesverwaltungsgericht etwa winkt Mediensprecher Rocco Maglio ab: Das Gericht werde keine Zahlen publizieren, diese Aufgabe komme vielmehr der Gpdel zu, sagt er. Sie erhalte vom Gericht jährlich detaillierte Angaben zu den Fallzahlen. «Die Gpdel hat als Aufsichtsbehörde die Herrschaft über diese Zahlen. Sie entscheidet, ob sie veröffentlicht werden sollen.»
Gpdel-Präsident Kuprecht seinerseits sagt: Seine Delegation prüfe die Publikations-Frage zusammen mit der neuen Aufsicht und dem Nachrichtendienst (NDB) selbst. Dieser schreibt auf Anfrage, über eine allfällige Publikation werde später entschieden.
Bericht für Parmelin
Dies will auch die Aufsichtsbehörde unter Thomas Fritschi prüfen. Sie hat die neuen Überwachungs-Instrumente des NDB ohnehin bereits unter der Lupe: Ihren ersten Prüfbericht widme die Aufsichtsbehörde der Frage, ob der NDB bereit sei für die neuen Kompetenzen, so Fritschi.
«Wir prüfen die Schulung und Ausbildung aller Mitarbeiter beim Nachrichtendienst. Kennen sie ihre Kompetenzen, wissen sie, wie sie damit umgehen müssen», sagt er. Ein wesentlicher Faktor seien zudem die Beziehungen zu den Strafverfolgungsbehörden.
Seinen Bericht dazu will Fritschi noch dieses Jahr Verteidigungsminister Guy Parmelin vorlegen.