Als Glenda Gloria als ganz junge Journalistin anfing, herrschte auf den Philippinen Diktator Ferdinand Marcos. Nach seinem Sturz folgten dreissig Jahre mit relativer Pressefreiheit. Und jetzt, als 52-jährige Redaktionsdirektorin des Online-Magazins «Rappler», erlebt Glenda Gloria einen Rückfall in unselige Zeiten. Mit der Wahl von Präsident Rodrigo Duterte sei für die Medien die härteste Zeit seit der Marcos-Diktatur angebrochen.
Die Philippinen sind da kein Einzelfall. Von der Türkei bis Thailand, von Ungarn bis Russland, ist eine Rückkehr zu autoritären Zeiten zu beobachten.
Obschon «Rappler» erst sechs Jahre alt ist, stellte sich der Publikumserfolg rasch ein, zumal andere Medien es verschliefen, online präsent zu sein. Mit Werbung erreichte «Rappler» in kurzer Zeit beinahe schwarze Zahlen. Heute hat die Plattform wöchentlich ein Publikum von dreissig Millionen, vor allem Junge, 18- bis 35-jährige, und gebildete Schichten. Neben Texten gibt es auch Audios und Videos.
Der Erzählton ist bewusst nüchtern, die Erzählweise sehr direkt. Man setze, so Glenda Gloria, primär auf Enthüllungsjournalismus.
Regierung Duterte übt massiv Druck aus
Die Berichterstattung von «Rappler» ärgert den hemdsärmlig, unzimperlich und bisweilen auch gewalttätig operierenden Präsidenten Rodrigo Duterte derart, dass er nun aus allen Kanonen auf die Redaktion schiessen lässt. Zum einen übt er Druck aus auf jene, die Anzeigen bei «Rappler» schalten – durchaus erfolgreich. Die Anzeigeneinnahmen brechen ein; man muss sich daher verstärkt über Crowdfunding und Spenden von Stiftungen finanzieren.
Zum zweiten lässt Duterte die Behörden auf das Unternehmen los. Sie verlangen, «Rappler» aufzulösen, weil es aus dem Ausland kontrolliert werde. Was, so Gloria, überhaupt nicht stimme. Und schliesslich hat er, wie sie es formuliert, eine Art Internet-Armee aufgebaut, um «Rappler» und zum Teil auch andere Medien zu diskreditieren und deren Journalisten einzuschüchtern.
Auch diese Strategie funktioniert: Bei vielen, eher älteren Filipinos, die «Rappler» gar nicht nutzen, wachsen die Zweifel an der Glaubwürdigkeit, bisweilen gar die Wut auf kritisch recherchierende Journalisten – oder die Medien allgemein.
Todesdrohungen an Journalisten
Vor allem Korrespondenten im Terrain und Bürgerjournalisten in Dörfern und Städten fernab, sind mit Todesdrohungen konfrontiert. «Rappler»-Journalisten ist gar der Zugang zu Pressekonferenzen der Regierung verboten. Doch diese streitet alles ab.
Man wolle doch nur die Auflösung von «Rappler» als Firma, erklärt Präsidentensprecher Harry Roque. Die Journalisten könnten weiterhin frei berichten, gibt er sich naiv.
Der gewaltige Druck hat bei «Rappler» vor allem einen Effekt: nicht einknicken, sondern erst recht entschlossen weiterarbeiten. Die Redaktion bestehe vor allem aus jungen Leuten. Sie nähmen die Dauerattacken als Anlass zum Widerstand, sozusagen für ihre eigene Revolution, wie seinerzeit jene von Glenda Glorias Generation im Fall von Diktator Marcos. Sie selber wolle in zehn Jahren sagen können, alles versucht zu haben, um die Pressefreiheit in ihrer Heimat zu retten.
Willkommene internationale Anerkennung
Für diese Haltung erhält «Rappler» nun Beifall und Beistand. Innerhalb weniger Wochen erhielt die Informationsplattform einen Preis des amerikanischen Komitees zum Schutz von Journalisten, einen zweiten des Weltzeitungsverlegerverbandes und nun den Pressefreiheitspreis des International Press Institute.
Dieser Preis sei enorm wichtig, nicht nur als Ansporn. Sondern zugleich als Signal an die Machthaber in Manila, sagt Gloria. Und an das philippinische Publikum. Eine Redaktion, die international gepriesen werde, könne man wohl kaum einfach als «Fake-News»-Schleuder abtun, wie das die Regierung Duterte versuche.