Sommer, Sonne, Strand – und dann bricht die Urlaubsidylle: Am 10. August legte an einem beliebten Badestrand unweit von Cadiz ein Boot mit 50 Migranten an. Die jungen Männer verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. Zurück blieben verdutzte Touristen.
Und ein paar Dutzend Glücksritter, deren Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa sich kaum erfüllen wird: Viele der Gestrandeten waren Marokkaner. Aufgrund eines Rückübernahmeabkommens zwischen Madrid und Rabat dürften sie sofort wieder abgeschoben werden.
Kein Sehnsuchtsland für Migranten
Auch sonst fährt Spanien ein äusserst restriktives Regime gegenüber Flüchtlingen und Migranten: Nur 3,4 Prozent der Asylanträge waren im letzten Jahr erfolgreich; die Ankömmlinge erhalten zudem kaum finanzielle Unterstützung. Schliesslich beteiligt sich Spanien nur äusserst zögerlich am Verteilschlüssel für Flüchtlinge innerhalb der EU.
Nichtsdestotrotz wagen immer mehr Migranten den Weg über das Mittelmeer nach Spanien. Schon jetzt sind es über 9000 – mehr als im gesamten letzten Jahr. Erst letzten Mittwoch rettete die spanische Küstenwache fast 600 Menschen aus dem Meer.
Die Sorgen sind noch nicht sehr gross: Weder bei den Flüchtlingshilfswerken noch bei der spanischen Regierung.
Die ultrarechte US-Webseite «Breitbart News» hat versucht, den vermeintlichen Flüchtlingsansturm auf Spanien auszuschlachten: Sie bebilderte einen Bericht über Schleuseraktivitäten zwischen Spanien und Gibraltar mit einem Migranten, der sich – mit breitem Grinsen – auf einem Jet-Ski an die Küste fahren lässt. Der kleine Fehler: Bei dem Migranten handelte es sich um Lukas Podolski, einen der bekanntesten deutschen Fussballer.
Abseits der kruden Stimmungsmache fällt das Bild nüchterner aus. Hans-Günter Kellner, freier Journalist in Spanien, relativiert im Gespräch mit SRF News: «Die Sorgen sind noch nicht sehr gross: Weder bei den Flüchtlingshilfswerken noch bei der spanischen Regierung.» Denn im Verhältnis mit Italien, das rund zehnmal mehr Flüchtlinge im Jahr aufnimmt, bleiben die Zahlen überschaubar.
Italien und Griechenland nur schwer zu erreichen
Allerdings ist derzeit kaum abzusehen, wie sich die Flüchtlingsströme künftig entwickeln werden – und ob sie sich allenfalls auf die iberische Halbinsel verschieben könnten. Seit Anfang August geht die libysche Küstenwache – nach einer Vereinbarung mit Italien – rigoros gegen Flüchtlingsboote vor: Die «Sperrzone Mittelmeer» nimmt weiter Form an; dies nachdem der Flüchtlingspakt mit Erdogan die Route von der Türkei nach Griechenland bereits dichtgemacht hat.
Der Migrationsdruck auf Spanien nimmt aber auch wegen der politischen Lage in Marokko zu, das über die beiden Enklaven Ceuta und Melilla mit Europa verbunden ist. «Im Rif-Gebirge im Norden gibt es starke soziale Spannungen . Die Menschen dort fühlen sich von der marokkanischen Regierung wirtschaftlich im Stich gelassen», sagt Kellner.
Die Behörden reagieren bislang äusserst repressiv auf die Proteste. Teils würden sogar Polizeibeamte von der Küste abgezogen, um sie niederzuschlagen: «Das führt dazu, dass die Küste relativ unbewacht ist und die Flüchtlingsboote einfacher ablegen können.
Trotz des aktuellen Trends bleibt man in Spanien aber relativ ruhig, schliesst der deutsche Journalist: «Ein relativ grosses Land wie Spanien kann das derzeitige Flüchtlingsaufkommen problemlos bewältigen.»