Kaum jemand in den USA weiss mehr über Nordkorea als Jung Pak. Doch als CIA-Mitarbeiterin musste sie schweigen. Erst jetzt, bei der Denkfabrik Brookings, darf sie Interviews geben. Sie ist seither eine gefragte Stimme in führenden US-Medien.
Jung Pak ist das, was die Angelsachsen eine «No-Nonsense»-Person nennen, eine, die nicht herumfackelt. Nach jeder Frage überlegt sie ein, zwei Sekunden. Dann kommt die Antwort: Kurz, klar, kompetent. Sie ist freundlich, doch lachen tut sie selten.
Die Debatte wurde schon mal umgekrempelt
Von Donald Trumps Charmeoffensive hält Jung Pak nichts. Wenn der US-Präsident Kim Jong-un umschmeichelt, ja gar behauptet, er habe sich ein bisschen in Nordkoreas Diktator verliebt, dann fühle sich dieser bloss darin bestärkt, mit den USA zu verfahren, wie er wolle. Er sehe, wie stark Trump sein eigenes Prestige verknüpft mit einem Erfolg in der US-Nordkoreapolitik. Das nütze Kim aus.
Schlecht vorbereitet und schlecht durchgeführt sei auch der erste Gipfel zwischen Kim und Trump in Singapur gewesen. Pjöngjang habe es sogar geschafft, die Debatte über die nukleare Abrüstung Nordkoreas in eine über eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel umzukrempeln.
Das heisst: Da Südkorea gar keine Atomwaffen besitzt und die Amerikaner ihre früher dort stationierten längst abgezogen haben, geht es plötzlich darum, dass Südkorea auf die Militärallianz mit der Atommacht USA verzichtet.
Trumps Fortschrittsgesäusel habe zudem andere Grossmächte dazu bewogen, den Druck auf Nordkorea zu verringern. Seit voriger Woche stünden Russland und China im UNO-Sicherheitsrat auf einmal nicht mehr hinter den Nordkorea-Sanktionen. Die Einigkeit sei dahin. Die gemeinsam getragene Sanktionspolitik bröckle. Man lasse Nordkorea vom Haken.
So sehr Jung Pak kritisiert, wie zurzeit mit Nordkorea verhandelt wird, so sehr unterstützt sie, dass man es tut. Es gebe keine Alternative: Weder einfach zu akzeptieren, dass Nordkorea eine Atommacht sei, noch ein Militärschlag oder gar ein Krieg.
Keine Alternative zum Verhandeln
Ihre Liste von Gründen ist lang: Erstens sei es unmöglich, das gesamte Arsenal Nordkoreas auf einen Streich unschädlich zu machen. Irgendwo im Land bliebe weiterhin irgendwer im Besitz von Atomwaffen.
Zweitens: Selbst wenn man Kim & Co ausschalten könnte, würden andere Regimevertreter an den Atombomben und Raketen festhalten.
Drittens könnte ein attackierter Kim wild um sich schiessen und in den Nachbarländern hunderttausende von Opfern verursachen. Und schliesslich hätte ein Krieg in dieser Weltgegend verheerende Folgen für die Weltwirtschaft.
Keine Illusionen bei nuklearer Abrüstung
Man müsse also auf Dialog mit dem Kim-Regime setzen. Bloss müsste dieser konsequenter, härter und international koordiniert geführt werden. Selbst dann dürfe man sich keinen Illusionen hingeben: Eine totale nukleare Abrüstung Nordkoreas sei, entgegen den Versprechungen des US-Präsidenten, hochgradig unwahrscheinlich.
Kim gäbe seine Atomwaffen nur in einem Fall auf: Wenn das Überleben seines Regimes bedroht wäre, wenn er an ihnen festhält. Da dies unwahrscheinlich sei, müsse man wenigstens provokative Aktionen des Regimes verhindern.
Immerhin verzichtet Pjöngjang seit einigen Monaten auf Atom- und Raketentests. Kim hat zumindest Mini-Schritte zur nuklearen Abrüstung unternommen. Viel mehr sei vorläufig nicht zu kriegen – und wenn die USA weiter in der Nordkoreapolitik herumeierten, sei nicht mal das von Dauer.