Am Anfang stand eine Meute von Motorsportfans. Der Rennfahrer Brandon Brown hatte gerade ein Nascar-Rennen gewonnen und gab dem TV-Sender NBC ein Interview. Da begann hinter ihm die Menge gegen US-Präsident Biden auszurufen. Die Worte «fuck Joe Biden» waren deutlich zu hören. Die überrumpelte NBC-Interviewerin machte daraus eine Art Schadensbegrenzung.
Sie sagte flugs: «Let’s go Brandon». Und die Trump-Welt hatte über Nacht einen neuen Slogan. «Let’s go Brandon» wurde zu einem Dauerspot(t) gegen Biden. Der Slogan wurde auf T-Shirts gedruckt und auf Baseball-Kappen, auf Autoaufkleber und Fahnen, auf Miniröcke und Cowboyhüte. Und genauso schien die Stimmung im Land.
Bis Joe Biden entschied, anders sein zu wollen. Diesen anderen Joe Biden kann man dieser Tage erleben. Zuerst nannte er die Republikanerinnen und Republikaner eine «halb-faschistische» Partei. Dann geisselte er in einem ersten Auftritt diese Woche ihre Rhetorik.
Trump-Fans seien anti-amerikanisch
Und in der Nacht zum Freitag nun legte er nach und nannte Donald Trump und seine Gefolgschaft geradeaus anti-amerikanisch: «Man kann nicht für den Aufstand und gleichzeitig für Amerika sein.» Joe Biden will seine Hand nicht mehr ausstrecken zu jenen, die die Grundsätze einer Demokratie nicht anerkennen. Er will sie wegwählen: «Vote, vote, vote», rief Biden.
Biden konnte zuletzt auf eine ganze Liste von Erfolgen zurückblicken. Zuerst brachte er ein Gesetz zur Bekämpfung der Inflation durch den zerstrittenen Kongress. Das ist zwar nur ein Abklatsch seines ursprünglichen «Build Back Better»-Programms, aber immerhin.
Dann verabschiedete der Kongress ein Stimuluspaket zur Halbleiter-Herstellung in den USA, es fiel die Arbeitslosenquote auf ein 50-Jahres-Tief, und es sank der durchschnittliche Benzinpreis auf unter vier Dollar pro Gallone. Und aus dem Weissen Haus kamen plötzlich neue Töne.
Frontalangriff via Social Media
Eine 25-jährige neu angestellte Kommunikationsspezialistin machte den Twitter-Feed des 79-jährigen Präsidenten plötzlich zu einem Erlebnis. Als sich die üblichen Trump-Lautsprecherinnen aus dem Kongress über Bidens Schuldenerlass für Studentinnen und Studenten aufregten, twitterte das Weisse Haus trocken die Schuldenerlasse, von denen ebendiese Abgeordneten profitiert hatten.
Und auch wenn die Umfragewerte noch lange keine Jubelstürme im Weissen Haus rechtfertigen: Das Team Biden spürt das, was die Generation Z «vibes» nennt. Am deutlichsten ablesen lässt sich dies aus der Wandlung des «Let’s go Brandon»-Spot(t)s: Demokratische Twitterati haben sich des Spotts in jener nur im digitalen Zeitalter möglichen Ironie und Überdrehtheit angenommen und haben daraus Memes kreiert, die Biden mal mit feuerroten Laseraugen zeigen, mal mit einem jenseitigen Glühen.
Und plötzlich erscheint der immer etwas steif wirkende nette Herr Biden den Amerikanerinnen und Amerikanern als «Dark Brandon», der tatsächlich daran glaubt, dass die Demokratinnen und Demokraten die Zwischenwahlen, dieses kommende Referendum über die Zukunft von Donald Trump, gewinnen können.