Erst 45 Prozent der Befragten in der aktuellen SRG-Umfrage haben sich in Sachen Jagdgesetz eine klare Meinung gebildet, wollen also sicher Ja oder sicher Nein stimmen.
Zum Vergleich: bei der Initiative gegen die Personenfreizügigkeit, die sogenannte Begrenzungsinitiative sind es 70 Prozent! Auch wenn im Moment eine knappe Mehrheit für das Jagdgesetz stimmen würde: In trockenen Tüchern ist die Vorlage nicht.
Parteiparolen wirken wenig
Eine Wundertüte ist das Jagdgesetz auch in Sachen politischer Orientierung: So wollen gut ein Drittel der Grünen-Anhänger für die Vorlage stimmen, auch wenn ihre Partei vehement dagegen ist. Auf der anderen Seite will ebenfalls ein Drittel der SVP-Wähler das Gesetz ablehnen, obwohl die Partei praktisch ohne Gegenstimme die Ja-Parole beschlossen hat.
Auch andere «Konfliktmuster» funktionieren nicht: Von einem Stadt-Land-Konflikt kann man nicht wirklich reden, nicht mal einen klaren Röstigraben zeigt die aktuelle Umfrage. Und die Frauen, die sonst eher für grüne Anliegen zu haben sind, würden dem Gesetz aktuell zustimmen.
Alptraum und Segen zugleich
Von einer schwach prädisponierten Vorlage sprechen die Meinungsforscher in so einem Fall. Heisst: das Ganze ist zu komplex, um in schlichte Links-rechts- oder Stadt-Land-Muster gepresst zu werden.
Für die Pro- und Contra-Komitees ist das je nach Sichtweise ein Alptraum oder ein Segen. Sie können sich nicht auf herkömmliche Kampagnen-Muster verlassen, aber dafür haben sie die Chance, Stimmbürgerinnen und Stimmbürger aus allen Bereichen zu überzeugen.
Es gibt also viel zu tun für die Kampagnenverantwortlichen in den nächsten fünf Wochen. Allerdings spielt, wie bei allen Vorlagen, auch hier die Coronakrise mit. Ein Grund für die tiefe Meinungsbildung ist auch, dass sich das Stimmvolk in den letzten Monaten schlicht mit anderen Themen befassen musste als mit Abstimmungsvorlagen. Weil das in den nächsten Wochen so bleiben wird, ist der Ausgang der Abstimmung noch völlig offen.