«Es war sicher ein schwieriges Jahr für die Nationalbank», resümiert der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Thomas Jordan. Er ist aber weiterhin davon überzeugt, dass es der richtige Entscheid war, den Mindestkurs aufzuheben, wie er im Interview mit SRF News klarstellt.
Euro mit dramatischem Wertverlust
Jordan erinnert sich an den Morgen des 15. Januar, als wäre er gestern gewesen: «Selbstverständlich ist man angespannt, schliesslich trifft man Entscheide mit einer solchen Tragweite für die Schweiz nicht einfach so. Wir haben das im Direktorium genau diskutiert und vorbereitet.» Deshalb sei ganz wichtig gewesen, höchste Diskretion zu bewahren. Schliesslich hätten Spekulanten die Information nutzen können, um damit grosse Gewinne zu erzielen.
Jeder Verlust von Arbeitsplätzen ist bedauerlich.
Rückblick: Die internationale Situation hatte sich Anfang Jahr dramatisch verändert. Der Euro verlor gegenüber allen anderen Währungen fast 20 Prozent an Wert. «Der Mindestkurs war nicht mehr nachhaltig und auf diese Situation mussten wir uns einstellen.»
Dem Direktorium sei klar gewesen, dass der Entscheid Turbulenzen an den Finanzmärkten auslösen würde und dass sich der Franken aufwertet. Allerdings habe es rasch wieder eine Normalisierung gegeben. «Die Aktienkurse waren nach relativ kurzer Zeit wieder dort, wo sie vorher waren. Auch beim Franken gab es eine bestimmte Korrektur, allerdings ist er immer noch deutlich überbewertet.»
Strukturwandel gehört zur Schweizer Geschichte
Ganz so positiv sehen sehen viele die Entwicklung nicht. Kritiker bemängeln, dass viele heimische Unternehmen gezwungen waren, Stellen zu streichen oder auf Kurzarbeit umzustellen. Es sei völlig normal, dass Geldpolitik diskutiert werde, kontert Jordan. «Jeder Verlust von Arbeitsplätzen ist bedauerlich.»
Wir müssen den Mut haben solche Entscheide zu treffen, auch wenn sie unangenehm sind.
Der Währungsexperte sieht, dass die Aufwertung in bestimmten Branchen einen Strukturwandel beschleunigt habe. Aber: Man müsse auch sehen, die Schweiz blicke zurück auf eine Geschichte des Strukturwandels. In den letzten hundert Jahren habe es immer wieder unprofitable Industrien gegeben, die durch neue Ideen ersetzt wurden. «Das macht den Reichtum der Schweiz aus. Man hat immer wieder neue Produkte gefunden, die eine sehr hohe Wertschöpfung hatten.»
Ganz allgemein gesehen zwinge ihn Kritik auch dazu, die Geldpolitik möglichst gut zu erklären – ertwa, warum es besser gewesen sei, den Mindestkurs im Januar aufzuheben und nicht mit der Aufhebung zu warten, bis die Bilanz explodiert. «Und die Nationalbank dann über Jahre nicht mehr handlungsfähig gewesen wäre», fügt Jordan an.
«Meine Kollegen und ich können uns das Umfeld nicht auslesen, wir müssen damit leben. Wir müssen den Mut haben solche Entscheide zu treffen, auch wenn sie unangenehm sind. Es ist vor allem auch wichtig, solche Entscheide rechtzeitig zu treffen», legt der SNB-Präsident nach. Es habe in dem Moment vernünftigerweise keine andere Wahl gegeben. «Wir konnten den Kopf nicht einfach in den Sand stecken.»
Jordan hofft auf innovative Unternehmer
Hätte der Währungshüter einen Wunsch für das nächste Jahr frei, würde er sich mehr als einen Wunsch erfüllen. Zum einen hofft er, dass sich die Finanzmärkte beruhigen. Zum anderen, dass sich die Weltwirtschaft besser entwickelt als prognostiziert. Und zu guter Letzt: «Ich wünsche mir auch, dass die Schweizer Unternehmer weiterhin den Mut haben, innovativ zu sein. Und dass sie die traditionellen Stärken der Schweiz auch in Zukunft bewahren.»