Wildi, Käser, Rey – das sind bekannte Namen in Birmenstorf, dem Dorf an der Reuss im westlichen Aargau. Es sind Bauern, die seit Generationen Gemüse produzieren auf den fruchtbaren Flächen im Reusstal. Ihr Produkte sind weit über die Region hinaus bekannt, zum Beispiel der Salat.
Aber die Produktion auf dem offenen Feld ist problematisch. Zu viel Sonne, zu viel Regen – schwankende Produktionsbedingungen setzen den Pflanzen zu. Darum wählen die Bauern immer häufiger den geschützten Anbau in Tunneln. Es gibt einfache Konstruktionen.
Aber auch sehr aufwändige Bauten, nämlich die Folientunnel, die der Laie auch als Gewächshauser bezeichnen würde.
Die Folientunnel sind beheizt und darin wird «bodenunabhängig» produziert. Die Pflanzen stehen in einem Substrat aus Stein- oder Kokoswolle. Sie werden bewässert, und für die Schädlingsbekämpfung setzen die Bauern Nützlinge ein. Sie verzichten so weit wie möglich auf chemische Mittel. «Mit dieser Produktion kann man fünfmal so viel Gemüse ernten wie auf dem offenen Feld», sagt Ralf Bucher, Geschäftsführer des Bauernverbandes Aargau.
Bucher sagt, die Entwicklung in der Landwirtschaft gehe Richtung Folientunnel, also bodenunabhängiger Produktion. Die Konsumenten wollten perfektes Gemüse. Nur mit zusätzlichen Bauten könnten die Aargauer Bauern diese Wünsche erfüllen. Der gewachsene Boden in diesen Bauten bleibe intakt. Er sei zwar trocken, aber man könnte den Boden wieder beackern, wenn dies einmal nötig sein sollte.
Bucher und mit ihm der Bauernverband unterstützen die Pläne des Aargauer Bau- und Umweltdepartements, in Birmenstorf neue «Speziallandwirtschaftszonen» für die Gemüseproduktion zu schaffen. Auf dem Hof der Familie Wildi, wo schon jetzt Folientunnel stehen, könnten dann dort, wo es jetzt noch grün ist, weitere Bauten entstehen.
Mit der Schaffung der Spezialzonen würden aber 13,3 Hektaren Fruchtfolgefläche, also Ackerland der besten Kategorie, verloren gehen. Und das passt Matthias Betsche, Präsident von Pro Natura Aargau, überhaupt nicht.
Er sieht ein, dass die Landwirtschaft neue Produktionsmethoden braucht, um im Wettbewerb bestehen zu können. «Aber diese Folientunnel, das sind Industriehallen. Die müssen nicht auf dem besten Land stehen», sagt Betsche. «Diese Hallen könnte man z. B. auch auf dem Dach eines Shopping-Centers aufstellen.»
Ganz besonders stört den Präsidenten von Pro Natura Aargau, dass grosse Teile der neue Speziallandwirtschaftszonen in das Ufergebiet der Reuss fallen würden. Und dieses Gebiet gehört ins Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung. Dieses Gebiet sei wichtig für die Natur. Es dürfe nicht zerstört werden durch eine «schleichende Zersiedelung» mit massiven Bauten wie den Folientunnel.
Pro Natura Aargau wehrt sich vehement dagegen, dass die Fruchtfolgeflächen des Aargaus um 13,3 Hektaren verringert werden zugunsten der neuen Speziallandwirtschaftszonen in Birmenstorf.
Ralf Bucher vom Bauernverband Aargau will nicht wegdiskutieren, dass die Bauten für die bodenunabhängige Produktion ein ziemlich grosser Eingriff seien in die Natur. Er weist aber darauf hin, dass der Anbau von Gemüse in Birmenstorf eine lange Tradition habe. Zudem zerschneide auch die Autobahn A1 dieses Gebiet. «Wenn diese Art der Gemüseproduktion hier nicht möglich ist, dann frage ich mich, wo sie überhaupt noch möglich ist.»