- Die Basler Regierung will Ernst machen mit der Gleichstellung von Behinderten und beabsichtigt deshalb ein Behindertenrechte-Gesetz zu verabschieden.
- Behindertenverbände zeigen sich erfreut. Der Basler Gewerbeverband fürchtet hingegen, das Gesetz könnte zu unangemessener Bürokratie und zu juristischem Gezänk führen.
- Das Basler Gesetz könnte Vorbild für die Restschweiz werden.
Der Basler Gewerbedirektor Gabriel Barell übt Kritik am Gesetzentwurf, den die Basler Regierung Anfang der Sommerferien in die Vernehmlassung geschickt hat. Als er den Entwurf überflogen habe, sei er erschrocken, sagt Barell zur «Tagesschau». «Mit diesem Gesetz könnte die Büchse der Pandora geöffnet werden», so Barell.
Der Direktor des Gewerbeverbands befürchtet hohe Kosten für KMUs und Rechtsunsicherheit. Tatsächlich nimmt das geplante Gesetz auch Private in die Pflicht. In Artikel 4 heisst es «…die Anbieter öffentlich zugänglicher Leistungen treffen angemessene Massnahmen, um Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu verhindern, zu beseitigen oder zu verringern.» In den Erläuterungen wird konkret gesagt, wer damit gemeint sein kann: «etwa Banken, Restaurants, (…) Einkaufsläden, Internetseiten…».
Schweizer Premiere
Das Basler Wirtschafts- und Sozialdepartement unter SP-Regierungsrat Christoph Brutschin hat das Gesetz ausgearbeitet. Brutschin sagt zur Kritik: «Ja, es kommt einiges auf das Gewerbe zu. Aber das Gewerbe muss jetzt auch einen Schritt machen. Auch Behinderte sind Kundinnen und Kunden von Gewerbebetrieben.»
Was Basel-Stadt macht, ist eine Schweizer Premiere. Die Verwaltung hat nicht nur ein neues Rahmengesetz ausgearbeitet. Sie hat auch systematisch sämtliche Spezialgesetze aus allen Bereichen des Lebens auf deren Behindertengerechtigkeit abgeklopft. Nun schlägt sie neben dem neuen Gesetz auch diverse Ergänzungen von bestehen Gesetzen vor.
Unterstützung bei diesem Kraftakt erhielt der Kanton von der Universität Basel und Grundrechtsexperte Markus Schefer. Profitieren soll von dieser Arbeit nicht nur Basel-Stadt sondern auch die ganze Schweiz, indem nun auch ein Leitfaden für andere Kantone erarbeitet wird.
Erfolg für Behindertenverbände
Die Basler Behindertenverbände hatten in den letzten Jahren für eine bessere Gleichstellung von Behinderten Druck aufgebaut. Sie hatten letzten Herbst in Basel-Stadt und -Landschaft eine kantonale Volksinitiative eingereicht. Ausserdem verfolgten zwei Motionen im Parlament dasselbe Anliegen.
Francesco L. Bertoli, Präsident des Behindertenforums Region Basel, zeigt sich darum erfreut über die Gesetzesvorlage: «Es geht um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben, und ich hoffe, dass das Gesetz auch schweizweit Signalwirkung hat.»
Zuerst muss das Gesetz und die Ergänzungen der Spezialgesetze aber durch die Vernehmlassung und dann in den Grossen Rat.