- Der Schweiz fehlt eine ganzheitliche Strategie, um ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber Menschen mit Behinderungen nachzukommen.
- Zu diesem Schluss kommt ein Bericht von Inclusion Handicap, den die Dachorganisation der UNO übergeben hat.
- Die Schweiz hatte 2014 die UNO-Konvention zum Schutz der Rechte von Behinderten ratifiziert.
Drei Jahre später stellt Inclusion Handicap fest, der Bundesrat habe die Tragweite des Abkommens «bei weitem unterschätzt», wie es in ihrem Bericht heisst. Darin bemängelt die Organisation die «gravierenden Lücken» in der Gesetzgebung und deren Umsetzung auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene. «Es gibt noch viel zu tun, bis die Konvention umgesetzt ist», sagte Pascale Bruderer, Präsidentin von Inclusion Handicap.
Zu den Hauptvorwürfen zählt, dass die Schweiz ihre Gleichstellungspolitik für Menschen mit Behinderung nur aus einem medizinischen Ansatz heraus gestalte. Der vor einem Jahr vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) publizierte Monitoring-Bericht über die Umsetzung der UNO-Konvention schlage nur Massnahmen für den Arbeitsmarkt vor.
Im Berufsleben benachteiligt
Auch berücksichtige das Dokument nicht die Meinung der Behinderten oder der Behindertenorganisationen. Die Dachorganisation nennt den Bericht «schönfärberisch und unvollständig».
Inclusion Handicap sieht eine breite Palette an Hindernissen im Alltag. So seien Menschen mit Behinderungen im Berufsleben benachteiligt. Finanzielle Anreize sollten demnach diesen Menschen erlauben, am normalen Arbeitsmarkt teilzuhaben. Bruderer kündigte hierzu einen entsprechenden Vorstoss im Parlament an.
Keine Sonderschulen
Die Probleme würden bereits bei der Bildung beginnen: Alle Kinder mit Behinderungen sollten in allgemeine Schulen integriert statt in Sonderschulen gesteckt werden. Weiter fordert die Organisation einen erleichterten Zugang zu Dienstleistungen – beispielsweise barrierelose Zugänge zu Gebäuden oder öffentlichen Transportmitteln.
Inclusion Handicap erarbeitete ihren Bericht nach eigenen Angaben zusammen mit ihren 25 Mitgliederorganisationen. Ausserdem wurden Betroffene und Experten befragt. Die Organisation übergab ihren Bericht dem zuständigen UNO-Ausschuss in Genf. Dieser prüft seinerseits demnächst den Stand der Umsetzung der UNO-Konvention in der Schweiz; ein Termin für ihren Bericht ist noch nicht bekannt.