«Ich bin nicht überrascht vom heutigen Abend. Für mich war von Anfang an klar, dass sich dieses Problem nicht in zwei, drei Tagen aus der Welt schaffen lässt», sagt ein Bewohner von Mitholz.
Für mich war von Anfang an klar, dass sich dieses Problem nicht in zwei, drei Tagen aus der Welt schaffen lässt.
Generell schienen die über 300 Leute an der Informationsveranstaltung des VBS am Dienstagabend in der Aula der Schule in Kandergrund ruhig und gefasst, als sie die Hiobsbotschaft hörten. Hie und da war während der Ausführungen der Experten ein Geraune und Gemurmel zu hören, doch etliche schienen mit der Ankündigung, dass das Dorf Mitholz über eine Zeit von zehn Jahren nicht bewohnt werden darf, gerechnet zu haben.
In elf Jahren muss die Bevölkerung von Mitholz wegen der Räumung des Munitionslagers der Armee wegziehen. Doch bereits zuvor müssen die Mitholzerinnen und Mitholzer mit erheblichen Einschränkungen rechnen.
Unsicherheit ist spürbar
Allerdings waren an der Veranstaltung auch skeptische Stimmen vernehmbar. «Ich habe Schwierigkeiten, wenn ich höre, dass man für die Vorbereitungsarbeiten zehn Jahre braucht und für die Räumung der Stollen weitere zehn Jahre», sagt ein Einwohner. Das müsste doch schneller gehen, ist er erstaunt: «Wir leben doch im 21. Jahrhundert.»
Für viele, die in Mitholz als Mieter wohnen, beginnt jetzt der Anfang vom Ende. «Wir haben zwei kleine Kinder. Wir sind sehr wohl hier. Aber wir werden vermutlich so schnell als möglich an einem neuen Ort starten», sagt eine Einwohnerin. Einiges werde sich in der Region verändern. «Ich habe das Gefühl, dass viele von denen, die ausziehen, nicht mehr nach Mitholz zurückkehren werden.»
Ich habe schon die Explosion miterlebt. So schnell bringt man mich nicht weg hier.
Anders ein 82-jähriger Mitholzer: «Ich habe schon die Explosion miterlebt. So schnell bringt man mich nicht weg hier. Ich werde mich wehren», sagt er mit einem Lachen. Wer wisse schon, wie lange er noch zu leben habe. 20 Jahre lang wird Mitholz von den Räumungsarbeiten betroffen sein. Für einen anderen Bewohner des Dorfes ist deshalb klar: «20 Jahre ist eine Generation – wir überdenken unser Leben neu, das ist klar.»
Nur ein Teil explodierte 1947
Im Zweiten Weltkrieg wurde in Mitholz ein unterirdisches militärisches Munitionslager gebaut. 1947 kam es darin zu Explosionen, wobei neun Menschen starben. Explodiert war nur ein Teil der eingelagerten Munition. Die Munition, die nicht explodierte, konnte teilweise geräumt werden.
Heute befinden sich laut einer Schätzung noch rund 3500 Bruttotonnen Munition mit mehreren hundert Tonnen Sprengstoff in den eingestürzten Anlageteilen, etwa im Zubringertunnel für die Bahn und im Schuttkegel vor der Anlage. Ursprünglich waren im Berg 7000 Bruttotonnen Munition gelagert.
VBS bietet Unterstützung an
Für alle Menschen aus Mitholz werde das VBS Hilfe anbieten, versprach Bundesrätin Viola Amherd dem zahlreich aufmarschierten Publikum an der Informationsveranstaltung: «Ihr könnt auf unsere Unterstützung zählen, wir wollen massgeschneiderte Lösungen für alle Betroffenen.»
Konkret: Besitzern von Liegenschaften bietet das VBS unter anderem an, deren Häuser in der ungenutzten Zeit zu verwalten oder abzukaufen. Gemeinde und Kanton sind bemüht, den Betroffenen anderenorts neue, adäquate Wohnmöglichkeiten zu vermitteln. Die Auseinandersetzung der Leute von Mitholz mit ihrer Zukunft hat begonnen.