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Neues Buch der Autorin Milena Moser über literarische Selbstzweifel und Affen im Kopf

Milena Moser ist zurück – mit ihrem 25. Buch. Diesmal handelt es sich jedoch nicht um einen Roman, sondern um einen Ratgeber für Menschen, die selbst schreiben möchten. Darin reflektiert sie auch über ihre eigene Karriere und spricht offen über literarische Selbstzweifel.

Milena Moser

Autorin

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Milena Moser (geb. 1963 in Zürich) liess sich zur Buchhändlerin ausbilden und schrieb danach für Schweizer Rundfunkanstalten. Ihren Durchbruch als Autorin hatte sie mit dem Roman «Die Putzfraueninsel» (1991), den sie in ihrem dafür gegründeten Verlag herausgab.

Ab den 1990er-Jahren lebte sie für acht Jahre in San Francisco. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz gründete sie mit Autorin Sibylle Berg eine Schreibschule. Seit 2015 lebt sie wieder in den USA. Sie ist Verfasserin zahlreicher Romane und Kolumnen.

SRF News: Haben Sie einen Komplex?

Milena Moser: Es ist kein Komplex, es ist eine Beobachtung. Bei den Solothurner Literaturtagen wurde ich auf der Bühne vorgestellt mit den Worten, die Jury sei ganz erstaunt gewesen, dass ich so ein gutes Buch geschrieben hätte. Ich habe leer geschluckt. Das steht sinnbildlich für eine Literaturszene, die nicht weiss, was sie mit mir anfangen soll. Das ist keine Einbildung, das ist Realität.

Ich bin nicht aus Stahl, aber ich habe mich nie vom Schreiben abhalten lassen.

Die «Zeit» schrieb zu Beginn Ihrer Karriere, jeder Drittklässler schreibe bessere Aufsätze.

Das war keine Kritik, das war Abwertung. Es war oft sehr persönlich – Lob wie Tadel – und hatte wenig mit dem Inhalt meiner Bücher zu tun. Ich glaube, das erleben viele Frauen. Ich bin nicht aus Stahl, aber ich habe mich nie vom Schreiben abhalten lassen.

Wie gehen Sie damit um, wenn es heisst, das sei «keine Literatur», was Sie schreiben?

Als ich in den Achtzigerjahren zu schreiben begann, war man Anti-Establishment. Die Meinung von Verlagen oder der Literaturkritik war uns nicht so wichtig. Es hatte etwas Rebellisches.

Die Reaktion der anderen ist nicht so wichtig wie der Akt des Schreibens.

Wie schützen Sie sich gegen solche Kritik?

Mir geht es um das Schreiben selbst. Wie es aufgenommen wird, ist zweitrangig. Die Reaktion der anderen ist nicht so wichtig wie der Akt des Schreibens.

Ist das nicht eine arrogante Haltung? Sie wollen doch ankommen beim Publikum.

Wenn man schreibt, muss man das tun, was in einem drin ist. Man muss seine Themen verfolgen, sie einkreisen, bis sie plötzlich da sind. Das ist das Grösste, das ist die Erfüllung.

Sie beschreiben Ihre Selbstzweifel als kritische Affen im Kopf. Wie kommen Sie auf dieses Bild?

Das Bild des Affenhauses benutze ich in meinen Schreibkursen: das ständige kritische Kommentieren und Schnattern im Hinterkopf.  Diese Stimmen sind störend, wenn man ihnen zu viel Raum gibt. Und ich glaube, das begleitet die Menschheit schon immer.

Was sagen diese Affen zu Ihnen?

Das Übliche: Milena, du schreibst zu banal, wen interessiert das, kommt dir nichts Besseres in den Sinn? Und du nennst dich Schriftstellerin!

Besonders tückisch ist der Affe, der lobt.

Wie gehen Sie mit diesen Stimmen um?

Man muss lernen, mit ihnen zu leben. Sie verschwinden nie. Besonders tückisch ist der Affe, der lobt. Der taucht vielleicht einmal im Jahr auf und sagt: Moser, du bist brillant, du erfindest die Literatur neu. Aber auch dieser Affe hat wenig mit der Realität zu tun.

Die Affen stehen also sinnbildlich für die nagenden Selbstzweifel. Wegen solcher Stimmen sind viele Texte nie erschienen, sagen Sie.

Ja! Und das macht mich fertig. Wie viele Geschichten wurden nie geschrieben, weil jemand dieses Affengeplapper mit einem objektiven Urteil verwechselt hat? Ich will, dass all diese Geschichten, die in Schubladen verstauben, befreit werden. Ich will, dass sie geschrieben werden.

Das Gespräch führte David Karasek.

Tagesgespräch, 21.3.2025 ; 

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